Gedanken über die Zeit zwischen Anschmiegen und Opposition in Pflegefamilien

Pflegekinder in der Pubertät..

Eine kleine Anekdote eines pubertierenden Mädchens:

„Als ich klein war, hab ich mich über mein neues Fahrrad gefreut. Meine Eltern rannten neben mir her. Und dann bin ich losgefahren. Ich wußte, dass am Rand Stützräder waren und mich hielten. Jetzt bin ich 15. Ich brauche meine Eltern nicht mehr so nah bei mir. Aber mir tun die Jugendlichen leid, deren Eltern überhaupt nicht in der Nähe sind. Ich möchte die Stützräder nicht ganz und gar abhaben, ich möchte sie nur nicht andauernd spüren müssen.“

Die Pubertät ist eine Zeit des Übergangs, in welcher der Jugendliche nicht mehr die Rolle des Kindes und noch nicht die Rolle des Erwachsenen innehat. Sie ist für alle Beteiligen, sowohl für die Jugendlichen, als auch für die Mütter und Väter eine anstrengende Zeit. Anstrengend deshalb, weil bisher Vertrautes in der Beziehung zwischen Eltern und den Heranwachsenden nicht mehr klappt. Diese Entwicklung bringt neue Verhaltensweisen der Jugendlichen hervor und verlangt neue Formen des Umgangs miteinander. Sowohl die Jugendlichen, als auch deren Eltern sind verunsichert.

Vielfältige Entwicklungsaufgaben…

In dieser Zeit müssen von den Jugendlichen vielfältige Entwicklungsaufgaben wahrgenommen werden. Entwicklungsaufgaben entstehen aus drei unterschiedlichen Bedingungen heraus: Aufgrund der körperlichen Reife eines Menschen, der Erwartungen der Gesellschaft, sowie auf Grund von persönlichen Zielsetzungen und Wertvorstellungen einer Person.

Entwicklungsaufgaben im Jugendalter sind zum einen biologisch bedingt, d. h. durch das wirksam erden bestimmter Hormone entstehen körperliche Veränderungen, wird die Sexualität aktiviert und die Fähigkeit zur Fortpflanzung entdeckt. Zum anderen gibt es kulturell bzw. gesellschaftlich bedingte Entwicklungsaufgaben. Im Einzelnen werden benannt:

  • Akzeptanz des eigenen Körpers und der eigenen körperlichen Erscheinung (Annahme der körperlichen Veränderung)
  • Aneignung der Geschlechterolle, d.h. der Verhaltensmuster, die in unserer Gesellschaft von Frauen und Männern erwartet werden.
  • Aufbau von Freundschaften und verantwortungsbewußteren Beziehungen zu Gleichaltrigen (=peer-group)
  • Emotionale Ablösung von den Eltern und von anderen Erwachsenen. Ziel ist von beiden Elternteilen emotional unabhängiger zu werden.
  • Aufnahme von intimeren Partnerbeziehungen (zum Freund und/oder zur Freundin), d. h. Eingehen von neuen Bindungen außerhalb des Elternhauses.

Damit verbunden ist die Entwicklung von Vorstellungen über Ehe, Familie und intimes Zusammenleben, d.h. die Vorbereitung auf die Gründung einer Ehe und Familie.

  • Aufbau von Wissen darüber, was man werden will und was man dafür können und lernen muß.
  • Aufbau eines realistischen Selbstbildes, d.h. wissen wer man ist und was man möchte.
  • Entwicklung einer eigenen Weltanschauung, d.h. Aufbau von Wertorientierungen die als Richtschnur für das eigene Verhalten akzeptiert werden.
  • Aufbau von auf die Zukunft gerichteten Erwartungen und Perspektiven, d.h. Bildung von Zielen, von denen man glaubt sie erreichen zu können.

Der Weg zur eigenen Identität…

Es wird deutlich, dass die zentrale Aufgabe die Suche nach der eigenen Identität ist. Der Psychoanalytiker Eric Ericson hat dies besonders in den Mittelpunkt seiner Forschungen gestellt. Das Jugendalter ist die Zeitspanne, in der vieles ausprobiert wird, um zu einer eigenen Identität oder einem eigenen Selbstkonzept zu finden. Ericsson sieht in diesem Ausprobieren den entscheidendsten und wichtigsten Schritt hin zu einer eigenen und eigenständigen Identität. Wenn Sie sich noch einmal die beschriebenen Entwicklungsaufgaben vergegenwärtigen, steht die Suche nach der Identität, die Selbstfindung, im Mittelpunkt der Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen. In der Psychologie wird der Begriff Identität nicht einheitlich verwendet. Übereinstimmend steht jedoch fest, dass Identität das ist, was jemand „wirklich“ ist und durch folgende Komponenten näher gekennzeichnet ist:

  • Die Person für die man sich selbst hält.
  • Die Person, die man gerne sein und werden möchte und wie sie zu werden glaubt.
  • Die Person, für die einen andere halten und wie diese einen selbst haben möchten.

D.h. Identität meint die Beschaffenheit des Selbst als eine einmalige und unverwechselbare Person durch die soziale Umgebung und durch das Individuum selbst.

Wie waren die eigenen Erfahrungen in der Pubertät

Pubertät stellt eine Herausforderung für die ganze Familie dar. Ebenso verschieden wie die Jugendlichen selbst, sind ihre Mütter und Väter. Sie als Eltern fühlen sich möglicherweise an die eigene Pubertät erinnert. Heute jedoch sind Sie in der Rolle der Eltern. Im Erleben mit den eigenen Kindern oder mit Pflegekindern können schöne und schmerzhafte Erfahrungen aus der eigenen Jugend wach werden. Sie können auch in ihrem eigenen Verhalten überrascht oder auch betroffen das Verhalten Ihrer Eltern wiedererkennen. Wer von uns kennt nicht die Situation, wie er in Auseinandersetzungen mit seinen Kindern ähnliche Worte oder einen ähnlichen Tonfall wie der eigene Vater benutzt. Dabei können unsere Vorerfahrungen einen unbefangenen Umgang mit unseren pubertierenden Kindern erschweren, oder auch helfen, sie zu verstehen.

Für eine Familie als flexibles Beziehungsnetz bedeutet das Heranwachsen der Kinder stets Veränderung. Dies wird in folgendem Schaubild zur Krisentheorie und zur Veränderung in Familien deutlich. Die Phase der Pubertät stellt für Familien immer auch eine mögliche Krise dar. Sie wird in der Theorie als sogenannte Entwicklungskrise beschrieben, d.h. eine Krise, die vorhersehbar ist und mit der man sich im Vorfeld beschäftigen kann.

Wie können Sie Ihr Kind bzw. Pflegekind unterstützen?

Es stellt sich also die Frage: „Wie können Sie Pflegekinder in der Pubertät unterstützten“. Wie gut die Balance zwischen dem Wunsch nach Freiheit und der Übernahme von Verantwortung gelingt, hängt von der Persönlichkeit der Jugendlichen und den früheren, wie auch den gegenwärtigen Beziehungen zwischen den Eltern und den Jugendlichen ab. Eine gute Unterstützung ist es, wenn die Eltern Selbständigkeit bieten, so dass das Kind eine Chance hat, sich damit zu identifizieren. Hilfreich ist ein Vorbild, das in einem ausgewogenen Maße Orientierung gibt und zugleich altersgerechte Gelegenheiten zu unabhängigen und eigenverantwortlichen Handlungserprobungen gewährt. Wie Sie alle wissen, ist dies leichter gesagt als getan. Dies gilt besonders auch für Pflegekinder, zu denen man in der Regel ein anderes Verantwortungsbewußtsein als gegenüber den eigenen Kindern verspürt.

Sowohl die Erfahrung, als auch die Experten lehren, dass Eltern, die einerseits ihre Führungsrolle übernehmen und andererseits ihre Verhaltensregeln und Erwartungen häufig erläutern, die Entwicklung Ihrer Kinder zu verantwortungsbewußten und selbständigen Menschen begünstigen. Sie zeigen sich selbst als interessierte, sinnvoll lenkende und mit dem Kind kommunizierende Eltern und geben ihm vermehrt Gelegenheit zu selbständigem Handeln. Gleichzeitig bestärken sie durch die von ihnen erwiesene Zuneigung und Achtung ihrer Kinder darin, sich mit ihnen zu identifizieren. Durch ihr Verhalten bieten sie sich als Modell für vernünftige Selbständigkeit an. Dem gegenüber sind nachlässig oder zu autoritäre Eltern kein Vorbild für verantwortungsbewußte, kooperative Selbständigkeit. Diese Erziehungsstile werden in extremen Ausprägungen von Kindern als Ablehnung erlebt und behindern damit eine positive Identifikation mit den Eltern.

Die Familie als Zwischenglied…

In der Zeit der Pubertät kommt der Familie in ihrer Funktion als Zwischenglied für den Jugendlichen und der Gesellschaft eine besondere Bedeutung zu. Die wechselnden Bedürfnisse der Gesellschaft müssen von den Eltern übersetzt und vermittelt werden. Dabei ist es wichtig, als Familie flexibel und kompromißfähig zu sein, um die wachsenden Bedürfnisse der Kinder nach Freiraum zu berücksichtigen. Nur mit dieser Durchlässigkeit der Familie – Umwelt – Grenze, wird dem Jugendlichen erlaubt, einen Vergleich zwischen der eigenen und anderen Familien zu ziehen.

Pflegekinder in der Pubertät…

Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass es neben den spezifischen Problemen ähnliche Auseinandersetzungen wie bei den eigenen Kindern geben wird. Diese Auseinandersetzungen gehen um Kleidung, Rauchen, evtl. Alkoholkonsum, Schminken, laute Musik, Mithilfe im Haushalt und über den Freundeskreis oder vieles andere mehr.

Bei gelungener Identifizierung in der Pflegefamilie im Kindesalter, hat das Kind die Werte und Normen der Eltern als seine eigenen übernommen. Vor dem Hintergrund des psychoanalytischen Gedankenbildes bildet sich ein Gewissen und das Kind hat gelernt, sich an den elterlichen Idealen zu orientieren. Wie oben beschrieben, ist es in der Pubertät notwendig, dass die Jugendlichen ihre Identifikation mit den Eltern lockern und aufgeben können. Die Lockerung bedeutet aber auch, dass damit die Normen, Werte und Ideale, die sich am Vorbild der Eltern gebildet haben, in Frage gestellt werden. Dies ist für die Jugendlichen nicht nur eine Befreiung, sondern auch ein Verlust an Orientierung. Pointiert gesagt drückt sich dies in dem Satz aus:

„Die Pubertierenden beherrschen nichts und sie wollen doch alles beherrschen“.

Indem die Jugendlichen sich von den Eltern abzuwenden beginnen und die Identifikation mit Ihnen fragwürdig wird, werden zwangsläufig auch die elterlichen Ideale unsicher bzw. sie werden sogar bekämpft. Das hat eine erhebliche Selbstunsicherheit zur Folge, die sich hinter herablassender Verachtung und Überheblichkeit Autoritäten gegenüber verbirgt. Wenn man die Eltern als inneres Vorbild und Ideal verliert, verliert man auch einen Teil von sich selbst und aufgrund dieser Verunsicherung wird für die Jugendlichen nichts wichtiger als neue Ideale außerhalb der Familie zu finden, denen sie sich häufig ebenso blindlings unterwerfen, wie zuvor der elterlichen Autorität.

Pflegekinder und Pubertät

Pflegekinder in der Pubertät

Diese Entwicklung hat natürlich auch Auswirkungen auf die Eltern. Beziehungen zwischen Kindern und Eltern verändern sich grundlegend. Wenn sich der Sohn nicht mehr an seinem Vater orientiert und dessen Wünsche als etwas ansieht, was ihn nicht mehr betrifft, sehen viele Eltern die Beziehung zu ihren Kindern als grundlegend gefährdet.

Durch solche zwangsläufig eintretenden Entfremdungen werden Pflegeeltern noch mehr beunruhigt als leibliche Eltern, weil sie sich oft nicht auf sichere Beziehungen in der frühen Kindheit stützen können. So werden die Abgrenzungsversuche bei den Jugendlichen schnell so interpretiert, dass das Kind nie ihr Kind geworden sei. Alle Schwierigkeiten, die mit der Ablösung verbunden sind, verstehen sie leicht als Ergebnis von Erbanlagen und frühkindlichen Erziehung, auf die sie keinen Einfluß hatten. Damit stellen die Eltern die Beziehung zum Pflegekind von sich aus in Frage und reagieren auf Schwierigkeiten unter Umständen mit Ausstoßungstendenzen. Dadurch, dass sie den pubertären Ablösungsprozeß als grundlegende Infragestellung der Beziehung erleben, sind sie tief betroffen über das Ergebnis ihrer Fürsorge.

Die Ablösungsprozesse zielführend gestalten

Wenn Pflegeeltern die Ablösungskrise als eine Krise ihrer bisherigen und gegenwärtigen Beziehung zum Kind wahrnehmen, werden sie selbst in ihrer Elternrolle stark verunsichert. Dabei geht es in diesem Entwicklungsabschnitt nur darum, dass sowohl die Eltern, als auch das Kind ihre Beziehung zueinander neu festlegen müssen. Aber das merken die Eltern oft nicht, sie merken nur, dass ihr Einfluß auf das Kind geringer wird, dass sie das Kind nicht mehr steuern können, wie sie es früher tun konnten. Sie setzten auf Grund ihrer Auffassung von den eigenen elterlichen Aufgaben, den Selbstbestimmungstendenzen des Kindes Widerstand entgegen, so dass es zwischen Eltern und Kind zu Machtkämpfen kommt. Dies erschwert für beide Seiten den Ablösungsprozeß.

Hinzu kommt, dass in diesen Situationen womöglich das Kind seine leiblichen Eltern idealisiert und sie als nicht einschränkend phantasiert. Dadurch wird die Situation in den Pflegefamilien in der Regel verschärft, weil die leiblichen Eltern in einer bisher ungewohnten Weise vom Pflegekind in das Pflegeelternsystem hineingezogen werden. Aber auch die leiblichen Eltern drängen sich dann oft mehr auf, weil sie bisher keine Gelegenheit hatten, sich mit ihrem schlechten Gewissen, bezogen auf die Herausnahme auseinanderzusetzen. Sie wollen dann wieder zur Verfügung stehen und etwas gutmachen. In der Folge kommt es zu Auseinandersetzungen und Konkurrenzsituationen zwischen Pflegeeltern und leiblichen Eltern.

Ablösungsbemühungen in der Eltern – Kind Beziehung sind immer auch von aggressiven Gefühlen bestimmt. Trennung und Trauer gehen notwendigerweise mit Aggressionen einher. Die Aggression dient im psychologischen Sinne der Distanzierung. Gelingt es Pflegeeltern die menschliche Aggression nicht als vermeintliche Bosheit mißzuverstehen, sondern als wertvolles, stammesgeschichtliches Erbe anzusehen, welches zum Ziel die Distanzierung und dadurch die Fortentwicklung hat, können Empfindungen persönlicher Kränkung und Wertminderung in dieser Entwicklungsphase eher vermieden werden.

Welche Wege können nun aus dieser Krise und den möglichen Schwierigkeiten führen?

Die Ablösungskrise kann nur überwunden werden, wenn nicht nur das Kind, sondern auch Sie als Pflegeeltern die Beziehung im Sinne einer zunehmenden Distanz verändern können. Wenn Sie die Beziehung zu den Jugendlichen nicht verlieren wollen, geht es darum die Ambivalenz, das Hin- und Herschwanken zwischen Abstoßung und Anklammerung zu ertragen. Hilfreich kann es sein, die Jugendlichen bei deren Ablösungsbemühungen zu unterstützen. Pflegekinder in der PubertätDabei ist es wichtig, dass Sie sich klarmachen, dass Sie trotz der täglichen Konflikte nicht aufgeben, dem Jugendlichen weiter orientierend zur Verfügung stehen. Ihr Jugendlicher wird bestimmt keine geradlinige Entwicklung nehmen. Immer wieder versuchen sie sich der Leistung, die sie erbringen sollen zu entziehen. Sie halten ihr Pensum nicht durch und müssen öfter als andere ihre Lehrstelle wechseln. In der Familie fällt es den Kindern und Jugendlichen schwer, ihre altersgemäßen Pflichten zu übernehmen. Sie halten sich nicht an Absprachen und kommen immer wieder zu spät nach Hause. Sie leben nach dem Prinzip „Bedürfnisbefriedigung jetzt“. Sie können ihr Geld nicht einteilen. Manche sind suchtgefährdet. Andere geraten mit dem Gesetz in Konflikt. Andere Pflegekinder laufen immer wieder weg. Dennoch benötigen diese jungen Menschen Erwachsene, die trotzdem zu ihnen halten, sie mitsamt ihrer Problematik annehmen. Wenn ein Erwachsener zu einem Jugendlichen der gestohlen hat, sagen kann – „Was du getan hast, finde ich nicht gut, aber ich achte dich trotzdem“ – dann hat er eine Chance, diesen Teufelskreis zu unterbrechen.

Pflegekinder in der Pubertät – einige Anregungen zum Umgang

Mir ist wichtig, dass Sie die folgenden Ausführungen nicht einfach als Pflichtprogramm hinnehmen, sondern sie als Wegweiser betrachten können, der Ihnen Anregungen geben soll, dass eine oder andere auszuprobieren. Wichtig ist, dass Sie sich jedoch in Ihrer Haut wohl fühlen, denn Ihre eigene Lebenskraft und Ihre Lebenslust wirken unmittelbar positiv auf Ihre Kinder.

  • Für die Jugendlichen ist es sehr unterstützend, wenn Sie einfach da sind, ohne sich ihnen aufzudrängen. Es gilt, sagen Sie nichts, hören Sie einfach Ihrem Kind zu. Haben Sie ein offenes Ohr für die Gedanken und Gefühle Ihrer Pflegekinder.
  • Geduld im Ertragen der widersprüchlichen Gefühle von Zuneigung und Abneigung bei den Jugendlichen und bei Ihnen selbst. Einfühlung und vielleicht auch die Erinnerung an eigene Krisen können dabei helfen. Erlauben Sie sich und Ihrem Kind Schmerzen zu leiden, Konsequenzen zu halten und Rückschläge zu ertragen.
  • Sinnvoll ist es auch, die eigene Lebenserfahrung nicht als die einzig Mögliche hinzustellen, nicht als den einzig richtigen, perfekten Lebensstil anzubieten, sondern auch kritisierbar zu sein.
  • Sie sollten den Jugendlichen ermöglichen, dass sie und Ihre Geschichte kennenlernen, auch mit ihren Schattenseiten.
  • Dies verlangt von den Eltern Aufrichtigkeit sich selbst gegenüber.
  • Sie sollten kein schlechtes Gewissen haben, weil Sie auf der Einhaltung der von Ihnen aufgestellten Regeln und Grenzen bestehen. Wichtig ist jedoch, auch innerlich offen für Verhandlungen zu sein, um nicht in einem einzigen Machtkampf zu enden.Pflegekinder in der Pubertät
  • Eltern sein heißt sich in Beziehung setzen. Wenn es nur darum geht, Kontrolle zu halten, dann werden Sie sicherlich nicht den erwarteten Erfolg erzielen.
  • Stellen Sie gemeinsam Regeln auf. Wichtig dabei ist, sie klar und knapp zu formulieren und deutlich wird, dass Sie das letzte Wort haben. Die Sache mit den Grenzen ist bei Jugendlichen nicht anders als bei Kindern anderer Altersgruppen. Jugendliche sind bloß schlauer. Sie können einen eher einschüchtern oder überreden.
  • Halten Sie zusammen. Lassen Sie nicht zu, dass Sie die Jugendlichen gegeneinander ausspielen.
  • Zügeln Sie Ihren Zorn.
  • Bleiben Sie da. Selbst wenn Sie das Gefühl haben, schreiend aus dem Zimmer rennen zu wollen.
  • Sie können ruhig verletzlich sein. Jugendliche sind verletzlich und Eltern sind auch verletzlich. Wenn Sie Ihre eigene Verletzlichkeit zum Ausdruck bringen, kann das für Jugendliche der Anstoß sein, über ihre eigene Verletzlichkeit zu sprechen. Zu einer guten Beziehung gehört auch, dass man sich auch in die Karten gucken läßt.
  • Lassen Sie sie gehen, aber verlassen Sie sie nicht. Sie haben sie verwurzelt, jetzt müssen Sie sie beflügeln. Ablösung und Bindung sind eng miteinander verknüpft. In welcher Phase der Ablösung sich Ihr Kind auch befinden mag, es braucht Ihre Hilfe. Denken Sie an das Mädchen, das die Stützräder nicht ganz und gar abhaben will, aber sie auch nicht andauernd spüren wollte und wenn die Stützräder eben noch spürbar sind, protestiert es.
  • Lassen Sie sich Zeit. Jugendliche verlangen nicht, dass Sie für sie irgendetwas Besonderes oder etwas Erfüllendes organisieren, sie wollen Sie und Ihre Zeit.
  • Mahlzeiten sind Chancen für Gespräche.
  • Erziehung findet oft ganz nebenbei statt.
  • Nisten Sie sich im Hinterkopf Ihres Kindes als kleine Stimme des Gewissens ein.
  • Entspannen Sie sich.

Ich hoffe, es wurde deutlich, wie komplex das Thema „Pubertät“ und „Pubertät in Pflegefamilien“ ist. Vielleicht haben Sie dennoch einen Eindruck bekommen, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, sich dieser Ablösungskrise zu stellen und sie erfolgreich zu bewältigen. Ich bin sicher, die Prognose ist gut, auch wenn das Engagement von Ihnen als Pflegeeltern vielleicht erst Früchte trägt, wenn der junge Mensch 30 Jahre alt ist. Lassen Sie sich nicht entmutigen, sondern sagen Sie zu Ihren Kindern und Jugendlichen, „Wenn nicht jetzt, irgendwann wirst Du einen guten Weg für Dich gehen“.

Enden möchte ich mit dem Zitat von Aischylos:

„In Zeiten der Dunkelheit ist es Zeit zu lieben, kann ein Akt der Liebe die Balance herstellen.“

Unsere Fachberatungen begleiten unsere Pflegefamilien in dieser abenteuerlichen Zeit und stehen mit Rat und Tat zur Seite. Wir organisieren Fortbildungen zum Thema „Pubertät in Pflegefamilien“ und wir stellen Supervision zur Verfügung. Unsere Pflegefamilien werden intensiv unterstützt.

Möchten auch Sie Pflegeeltern werden freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme.