Lobbyarbeit für Pflegekinder

Lobbyarbeit für Pflegekinder

Die Vertrauensgruppe macht Lobbyarbeit für Pflegekinder

Die Vertrauensgruppe der Pflegefamilien vom St. Elisabeth-Verein setzte heute am 20.08.2018 ihre Treffen mit Politikern fort. Wir berichteten schon in einem Magazinbeitrag darüber. Heute ist Handam Özgüven (Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis 13 – Marburg Biedenkopf) zu Gast. Frau Özgüven ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht. Sie ist seit Dezember 2015 im hessischen Landtag. Sie hat sich stark dafür eingesetzt, dass die Kinderrechte in der Novellierung der hessischen Verfassung einen Niederschlag finden. Dies scheint zu gelingen.

Drei Vertreter berichten…

Für die Vertrauensgruppe berichten stellvertretend der Sprecher Heinz Jürgen Schleich, Ernst Prall, Uwe Wüst und Wilma Jung über ihre die Tätigkeit als Pflegefamilie. Insgesamt lebten oder leben in den anwesenden Pflegefamilien 15 Pflegekinder.

Ziel des fachpolitischen Austauschs ist es, die Politiker für die Themen Care Leaver, Pflegekinder mit Behinderung verbunden mit dem Wechsel zum überörtlichen Träger der Eingliederungshilfe und zum Heranziehungsbeitrag für Jugendliche in Ausbildung zu sensibilisieren.

Aus dem Leben von Pflegefamilien und Pflegekindern

Herr Schleich erzählt von den bisherigen Aktivitäten der Vertrauensgruppe. So war z.B. Ernst Prall für die Vertrauensgruppe aktuell bei der Anhörung zum Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes im sozial- und integrationspolitischen Ausschuss. Dazu gab es einige Schreiben der Vertrauensgruppe an die Petitionsausschüsse des Landes und des Bundes zu den oben genannten Themen.

Seine Erzählfluss gefunden, spricht Heinz Jürgen Schleich gleich von einem realen und aktuellen Beispiel:  Sein heute erwachsener und in Ausbildung befindlicher Pflegesohn hat in der nächsten Woche eine Termin bei der wirtschaftliche Jugendhilfe seines zuständigen Jugendamtes. Es geht um Heranziehungsbeitrag von seinem Ausbildungsgeld. Aufgrund seines Alters möchte er selbst zum Mitarbeiter des Amtes gehen.

Er nimmt die beiden Antworten des Petitionsausschusses mit. Ziel ist es, dass die wirtschaftliche Jugendhilfe nur 50% seiner Einkünfte einbehält. Diese Regel soll auf Bundesebene durchgesetzt werden, so die Aussage im Antwortschreiben des Petitionsausschusses auf Bundesebene.

Lobbyarbeit für Pflegekinder – positive Resonanz von Frau Özgüven

Lobbyarbeit für PflegekinderFrau Özgüven ist beeindruckt von dem Einsatz der Pflegefamilie, vor allem auch vom emotionalen Engagement für die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen.

Uwe Wüst erzählt von seinen ersten beiden Pflegesöhnen, die mit einer geistigen Behinderung zu ihnen in die Familie gekommen sind. Aktuell leben sie in einer beschützenden Einrichtung und sind heute 30 und 26 Jahre an. Einer der beiden lebt im Bereich des Betreuten Wohnens. Der Auszug damals verzögerte sich aufgrund von baulichen Maßnahmen in der Einrichtung. Das Jugendamt machte dem zuständigen Sozialarbeiter Druck, damit der Junge zwischenzeitlich in eine Einrichtung kommt. Die Familie konnte diese Haltung überhaupt nicht verstehen und wäre der Sozialarbeiter nicht so engagiert gewesen, dann wäre die Gefahr einer Retraumatisierung gegeben. Und wir haben uns in unserem Engagement nicht wertgeschätzt gesehen.

Partner auf Augenhöhe – das wünschen sich Pflegefamilien

„Wir kommen uns als Pflegefamilien oft als Bittsteller vor, obwohl wir nur das Beste für die Kinder wollen. Wir wünschen uns eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Und wir kennen die Situation, dass schon 16 jährige Jugendliche einen Bogen vom Jugendamt bekommen, wo sie sich einschätzen soll, was sie schon alles können. Es wird indirekt Druck gemacht, dass die jungen Menschen früh aus der Hilfe kommen. Und wenn 75 % einbehalten werden, dann können die jungen Menschen gar nichts ansparen für den Übergang in die Selbstständigkeit. Es ist einfach unfair, wenn eh schon benachteiligte Pflegekinder im Vergleich mit ihrer Peergroup die Erfahrung machen, dass sie zurückstehen.“

Wie wird die Zukunft werden?

Frau Jung berichtet davon, dass sie aus ihrer Arbeit als sozialpädagogische Fachkraft weiß, wie sensibel die Übergänge sind und wie schnell diese schief gehen können.

Ihre beiden Pflegekinder sind mit 11 und 12 Jahren gekommen und das aus einer Zeit der vielen Wechsel und einer Odyssee in anderen Hilfeformen. Und jetzt fangen sie langsam an, sich in das Familienleben zu integrieren. Heute sind sie 15 und 16 Jahre. Beide bekommen eine Rente aus dem Opferentschädigungsgesetz. Das Eis ist wirklich dünn.

„Und ich mache mir heute schon Gedanken dazu, wie der Übergang gut gelingen kann. Für die beiden wünsche ich mir, dass es auch mit dem zuständigen Jugendamt und eventuell weiteren Kostenträgern zu einem guten Weg kommen kann.“

Frau Özgüven kann alle Aspekte gut verstehen. Sie wäre gerne im sozial- und integrationspolitischen Ausschuss und wird sich bei einer Wiederwahl in ihrer Fraktion dafür bewerben. Das Thema interessiert sie aufgrund ihrer fachanwaltlichen Qualifikation in Familienrecht sehr. Für heute verspricht Sie den Pflegefamilien, dass sie ihre Anliegen gerne an die fachpolitischen Sprecher weitergeben wird.

„Würden die Jugendämter die Übergänge der jungen Menschen sanfter und einfühlsamer gestalten, dann hätten viel junge Erwachsene deutlich bessere Chancen und Möglichkeiten für die eigene Selbstständigkeit“,

sagen Uwe Wüst und Heinz Jürgen Schleich zum Abschluss.

Und Frau Jung bringt es auf den Punkt:

„Es geht um kleine inhaltliche Felder, jedoch mit einer großen Wirkung auf die jungen Erwachsenen und ihre Zukunft“

Alle sind sich einig wie wertvoll der gemeinsame Termin für das bessere und gegenseitige Verständnis war.

Möchten Sie Pflegefamilien beim St. Elisabeth-Verein werden, dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf! Hier ist der Link!

Fachberatungen für Pflegefamilien

Fachberatungen für Pflegefamilien

Betriebsausflug der Fachberatungen für Pflegefamilien vom St. Elisabeth-Verein in Marburg…

Am 14.08.2018 wandern die Fachberatungen für Pflegefamilien die Schächerbachtour bei Homberg/Ohm im schönen Hessen. Mit dabei waren alle Mitarbeitenden aus dem Fachbereichsbüro, von Hauswirtschaft und Hausmeisterei. Das ganze Team des Fachbereichs für Pflegefamilien, 25 Personen.

Sich gemeinsam auf den Weg machen, wandern, fröhlich sein, gemeinsam essen. Unser Betriebsauflug – jedes Jahr ein guter Tag für das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Gemeinsam wandern fördert den Austausch untereinander

Wandern eignet sich dafür besonders gut, da es möglich ist, den Weg in wechselnden Konstellationen zu gehen. So entstehen manchmal unverhofft Gespräche, die sonst vielleicht nicht möglich wären. Mal steht einfach der Weg und die schöne Landschaft im Mittelpunkt des Austausches, dann wieder sind es vielleicht die letzten Erlebnisse aus Beratungsgesprächen mit Pflegefamilien, etwas Privates von den eigenen Kindern oder die Ideen für den nächsten Urlaub.

Was ist das Schöne an meiner Arbeit, was macht mir besonders Freude?

Fachberatungen für Pflegefamilien

Diese Frage spielte auch auf den 9 km der Schächerbachtour eine Rolle. Bertram Kasper bat einige Kolleginnen und Kollegen um ihre Beiträge dazu. Vorzuschicken ist in diesem Kontext, dass wir alle viel Freude und Sinnhaftigkeit in unserer Arbeit erleben. Doch wie ist der vielleicht auch durch seine Aktualität geprägte Blick gerade jetzt. Die Technik machte es möglich einige Orginalstimmen einzufangen.

Erstes Statement:

So sagte z.B. Ulla Brehm, die schon seit vielen Jahren als Fachberatung dabei ist und die selbst viele Jahre Pflegemutter war:

„Pflegeeltern bieten sich Pflegekindern als ihre sozialen Eltern an. Wir haben Euch nicht geboren, doch wir wollen eure sozialen Eltern sein. Und „Elternschaft“ endet eben nicht. Und Jugendhilfe macht sich dazu wenig bis gar keine Gedanken. Wie lange hat es gedauert bis „Care Leaver“ auch in der Forschung in den Fokus gerückt sind. Und wir wissen heute, dass es für viele Pflegeeltern nach der Jugendhilfe erst richtig los geht. Wenn der Übergang ins eigene Leben, in die Berufstätigkeit und vielleicht in die eigene Familiengründung ansteht. Und wie geht das: Auf Du und Du mit den Pflegekindern sein, ohne dafür noch eine Aufwandsentschädigung zu bekommen.“ Elternschaft, auch wenn es eine Soziale ist hört für mein Verständnis nicht auf. Und mir macht es Freude mit Pflegeeltern und Pflegekindern zu überlegen, wie dieser Weg gut gelingen kann. Dabei unterstütze ich gerne. Und wir sprechen dabei viel über die Art der Ausgestaltung, von Möglichkeiten, von Nähe und Distanz und von tatsächlich Machbarem.

Und Steffen Henkel steigt mit in das Gespräch ein und sagt:

„Welche große Bereitschaft er bei den Pflegeeltern erlebt, die auch lange nach dem Pflegeverhältnis wie selbstverständlich für „ihre sozialen Kinder“ da sind. Ich habe eine echte Hochachtung davor.“

Zweites Statement:

Ein paar Schritte in Stille und ein paar Gedanken weiter beschreibt Steffen Henkel was er so toll an der Arbeit als Fachberatung für Pflegefamilien findet und nimmt das Thema der Herkunftseltern in den Blick:

„Es ist für mich bemerkenswert zu sehen, wo häufig am Anfang Misstrauen und Vorsicht ist, wie dann durch die Regelmäßigkeit der Besuchskontakte zwischen Pflegekind, leiblichen Eltern und Pflegefamilie nach und nach Vetrauen wächst, wechselseitige Öffnung und Akzeptanz entsteht. Und besonders schön finde ich, dann zu erleben, wie positiv dies auf die Pflegekinder wirkt. Einfach toll und von allen Beteiligten eine echte Leistung und ein wertvoller Einsatz.“

Drittes Statement:

Fachberatungen für Pflegefamilien

Esther Schmitt ist im Team der Fachberatungen für Pflegefamilien intensiv mit der Fortbildung, der Qualifizierung und der Projektentwicklung betraut. Sie kann sich noch gut daran erinnern, wieso sie in dieses Arbeitsfeld gewechselt ist, und was ihre Motivation und ihre Freude im Pflegekinderbereich bis noch heute darstellt:

„Ich fand und finde heute immer noch, dass Pflegekinder ein Lobby brauchen und ich habe einen großen Respekt und ein große Anerkennung vor den Familien, die Pflegekindern einen Ort schenken, an dem gedeihlichen Leben und ein gute Entwicklung möglich ist.

Und dabei trägt mich die Gewissheit, dass jeder Mensch ein Recht hat ein gutes Leben zu leben. Es gilt Bedingungen zu schaffen, durch die genau das möglich wird. Ohne Pflegefamilien wäre genau das für Pflegekinder nicht möglich.

Und das Schöne an meiner Arbeit ist, dass ich jeden Tag wenn ich aufstehe die Chance habe, den Pflegeeltern ganz konkret dabei den Rücken zu särken für die Pflegekinder ein guter Lebensort zu sein.“

Viertes Statement:

Neben den Fachberatungen tragen ebenfalls die Kolleginnen aus dem Fachbereichsbüro, unsere Kollegin aus der Hauswirtschaft und der Hausmeister viel zum Gelingen eines reibungslosen Ablaufes bei. Auch sie haben erzählt, was ihnen besonders Freude bei der Arbeit macht.

Frau Wendy Bald, als Leiterin des Büros findet besonders wichtig:

„Ich war schon immer ein Mensch, der gerne indirekt und im Hintergrund das Große und Ganze unterstützt hat und mit Rat und Tat versucht die Kolleginnen und Kollegen bei der Arbeit zu unterstützen. Ich möchte das Ganze im Blick behalten.“

Fünftes Statement:

Und Heike Weiß, als Mitarbeiterin in der Hauswirtschaft erzählt:

„Ich versuche alles immer so einzurichten, dass sich alle wohlfühlen und gut versorgt sind. Dabei geht es mir auch darum, dass sich nicht nur die Kolleginnen aus dem Fachberatungsdienst wohlfühlen, sondern im besonderen die Pflegekinder, ihre leiblichen Eltern und natürlich unsere Pflegefamilien. Und es freut mich, dass alle meinen Beitrag für das Ganze sehen und ich dafür Zuspruch bekommen. Eine schöne Aufgabe.“

Sechstes Statement:

Dirk Griesche (Fachberatung Pflegefamilien) findet es klasse:

Fachberatungen für Pflegefamilien

„Richtig Spaß an der Arbeit als Fachberatung macht mir, dass ich Familien langfristig begleiten darf. Die Pflegefamilien lernen mich kennen und ich lerne die Pflegefamilien kennen. Irgendwann macht es Klick und dann kommt wechselseitig das Vertrauen ins Spiel. Und das mit den Familien gemeinsam erleben zu dürfen ist wirklich eine schöne Erfahrung. Es macht Spaß bei diesem wechselseitigen Prozeß dabei sein zu können. Und gemeinsam durchstandene schwierige Situationen helfen dabei.“

Fachberatungen für Pflegefamilien sind auch KrisenbegleiterInnen…

Zum Schluss kommt nocheinmal Ulla Brehm und bringt etwas auf den Punkt, was wohl allen Fachberatungen wirklich eine große Freude bereitet:

„Besonders Freude macht es mir, wenn große Krisen und Irritationen sich auflösen lassen und alle Beteiligten einen neuen und gemeinsamen Weg finden und dabei wirklich keiner verloren gegangen ist.“

Auch bei einem Betriebsausflug lässt sich ein positiver und guter Blick auf die Arbeit werfen. Das ganze Team im Fachbereich Pflegefamilien trägt mit zu einem gelingenden Prozeß für Pflegekinder, leibliche Eltern und die Pflegefamilien bei. Eine sinnstiftende Arbeit die Freude bereitet und immer wieder neue Herausforderungen bietet.

Wollen Sie Pflegefamilie werden und von einer guten Begleitung profitieren, dann freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahmen. Hier ist der LINK!

Pflegefamilien Hessen und Angela Dorn

Pflegefamilien Hessen und Angela Dorn

Die Vertrauensgruppe der Pflegefamilien vom St. Elisabeth-Verein setzte heute am 22.06.2018 ihre Treffen mit Politikern fort. Wir berichteten schon in einem Magazinbeitrag darüber. Heute ist Angela Dorn (Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die GRÜNEN Hessen, Mitglied des Hessischen Landtags und Sprecherin für Umwelt, Energie und Klimaschutz) zu Gast. Für die Vertrauensgruppe berichten stellvertretend der Sprecher Heinz Jürgen Schleich und Ernst Prall über ihre die Tätigkeit als Pflegefamilie. Ziel des fachpolitischen Austauschs von Pflegefamilien Hessen und Angela Dorn ist es, die Politiker für die Themen Care Leaver, Pflegekinder mit Behinderung und zum Heranziehungsbeitrag für Jugendliche in Ausbildung zu sensibilisieren.

Pflegefamilien Hessen und Angela Dorn wissen worüber sie sprechen…

Frau Angela Dorn ist sehr interessiert an den Schilderungen und den damit verbunden Problemstellungen. Sie hört aufmerksam zu und erfasst schnell die komplexen Zusammenhänge.Dabei erzählt sie von ihren ersten beruflichen Erfahrungen als Psychologin in einem bayerischen Kinderheim und ihre vertiefte Auseinandersetzung mit den Biographien dieser Kinder. Sie könne sich noch gut daran erinnern, wieviel Lebensmut aus diesen Kindern, trotz ihrer tragischen Geschichten gesprochen hat. Und durch ihre Tante – auch Pflegemutter – verbrachte sie viel Zeit mit Pflegekindern. Sie würdigt authentisch die Arbeit aller Pflegefamilien und betont den wichtigen gesellschaftlichen Beitrag den sie leisten.

Fachpolitische Sprecherin Frau Sigrid Erfurt und Dr. Andreas Jürgens (LWV) einbeziehen…

Bezogen auf die Bedarfe der Pflegefamilien möchte sie unsere Anliegen gerne der fachpolitischen Sprecherin – Sigrid Erfurt (stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Hessen und Sprecherin Behindertenpolitik) – vortragen. Dazu erstellen die Pflegeväter eine schriftliche Zusammenfassung. Zudem vermittelt Sie uns einen weiteren Ansprechpartner auf der Ebene des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, Dr. Andreas Jürgens (Erster Beigeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsausschusses).

Die Vertrauensgruppe will aktiv werden…

Die Vertrauensgruppe möchte vor allem in Kontakt mit Dr. Andreas Jürgens treten und ihm anhand eines konkreten Beispiels von einer jungen Erwachsenen verdeutlichen, was der Übergang von der Kinder- und Jugendhilfe in den Bereich der Behindertenhilfe bedeutet, sowohl im Sinne der fachlichen Begleitung, als auch in finanzieller Hinsicht. Dazu wird Ernst Prall eine entsprechende Grundlage erarbeiten.Pflegefamilien Hessen und Angela Dorn

Angela Dorn schildert gegen Ende des Gesprächs, wie wichtig für junge Erwachsene die Übergänge im Leben seien und dass es dringend notwendig sei auch gute Modelle für den Übergang von SGB VIII zum SGB XII bzw. SGB VIIII zu entwickeln.

Und als Politikerin habe sie gelernt wie hilfreich es für alle Akteure ist, gesichtswahrende Lösungen zu finden. Und so wünscht sie den Pflegevätern und Pflegefamilien weiter viel Energie für die in den Familien lebenden Kinder und Jugendlichen. Sie bedankt sich für die Einladung und für die engagierte Lobbyarbeit der Vertrauensgruppe. Auch Heinz Jürgen Schleich und Ernst Prall sind von dem 11/2 stündigen intensiven Austausch angetan und freuen sich über die positive Resonanz von Angela Dorn.

Pflegefamilien Hessen und Angela Dorn…die Rückmeldung

Ein paar Tage später nimmt Frau Angela Dorn nochmals mit der Vertrauensgruppe Kontakt auf. Sie ist tätig geworden und hat mit Frau Sigrid Erfurt die fachlichen Hintergründe erläutert. Sie empfiehlt eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf der hessischen Landesregierung zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes zu verfassen. Die Vertrauensgruppe teilt ihr mit zur Anhörung des Gesetzentwurf eingeladen zu sein. Heinz Jürgen Schleich wird dort die Interessen der Pflegefamilien Hessen vertreten. Herzlichen Dank an Frau Angela Dorn.

Beratung von Pflegeeltern

Beratung von Pflegeeltern

Die Beratung von Pflegeeltern trägt zum Gelingen von Pflegeverhältnissen bei…

Der St. Elisabeth-Verein unterhält seit inzwischen 25 Jahren einen Fachbereich für Pflegeeltern. Aktuell sind unter unserer Trägerschaft über 100 Pflegefamilien in denen 182 Kinder  leben. Ein Team von 15 Fachberatungen, einer Projektleitung und 2 Geschäftsbereichsleitungen unterstützen die Familien bei ihrer anspruchsvollen Aufgabe. Der heutige Magazinbeitrag stellt den Fachberatungsdienst und das Rückmeldegespräch zwischen Pflegeeltern und Fachberaterin in den Fokus.

Beratung von Pflegeeltern – ein Thema im World Cafe 2015

Auf unserer Jahrestagung 2015 haben wir mit unseren Pflegefamilien ein World Cafe durchgeführt.Dort wurde deutlich wie wichtig unseren Familien die Begleitung durch unsere Fachberatungen ist. Gleichzeitig bestand zum einen der Wunsch der Pflegefamilien mehr über die Aufgaben, die Arbeitsschwerpunkte und die Rolle der Fachberatungen zu erfahren. Zum  anderen wurden Reflexionsgespräche zwischen Pflegefamilie unf Fachberatung gewünscht, mit dem Ziel die gemeinsame Zusammenarbeit regelmäßig zu reflektieren.

Beratung von Pflegeeltern – die Aufgaben und die Rolle der Fachberatung

Die im folgenden dargestellte Struktur für die Aufgaben- und Rollebeschreibung der Fachberatung zeigt im Überblick die Schwerpunkte.

Grundlegende Tätigkeiten der Fachberatung im Rahmen der Sicherstellung der Leistungsvereinbarung (Eine Leistungsbeschreibung und das dazugehörige Entgelt wird zwischen dem St. Elisabeth-Verein und dem Jugendamt in der sogenannten Leistungsvereinbarung vereinbart und beschreibt, welche Leistungen wir als Einrichtung und die Erziehungsstellen für das Entgelt erbringen müssen).

  • Überprüfung neuer Familien
  • Aufnahme- und Anbahnungsverfahren von Kindern
  • Fachaufsicht
  • Sicherstellung des Kindeswohls
  • Eigene Fort- und Weiterbildung
  • Leitung der Regionalgruppen
  • Vorbereitung und Teilnahme an der jährlichen Erziehungsstellentagung
  • Begleitung der Fortbildungsangebote für die Erziehungsstellen
  • Teilnahme an Arbeitsgruppen zur Weiterentwicklung des Fachbereiches
  • Hinsichtlich der Familien: Überprüfung der Teilnahme an den Angeboten des Settings
  • Sicherstellung des Kindeswohls (Präventionskonzept)
  • Herkunftsfamilienarbeit (Biographiearbeit)
  • Umsetzung der Hilfeplanung
  • Einzelgespräche
  • Qualitätsmanagement (Handbuch Fachberatung)

Gliederung der Tätigkeiten:

  1. Beratungsarbeit
  2. (direkt)kindebezogene Tätigkeiten und Inhalte
  3. Herkunftselternarbeit
  4. Krisenbegleitung
  5. Koordination der Hilfe/Kontaktpflege/Netzwerke
  6. Verwaltung und Organisation

Beratung von PflegeelternDie Tätigkeiten 1 – 6 werden dann konkret ausgeführt und im Detail beschrieben. Alle unsere Pflegefamilien haben die komplette Tätigkeitsbeschreibung erhalten und alle neue Familien bekommen sie mit Beginn unserer Zusammenarbeit. Die jeweils zuständige Fachberatung hat die Aufgabe die Stellenbeschreibung mit der Pflegefamilie zu besprechen.

Möchten Sie die Stellenbeschreibung erhalten, schreiben Sie uns bitte ein E-Mail.

Faktoren gelingender Beratung von Pflegeeltern

Zentral für die in den Familien lebenden Pflegekinder ist es, dass das unterstützende Helfersystem gut zusammenarbeitet. Dazu ist zum einen hilfreich die gegenseitigen Erwartungen für die Kooperation zu klären (dazu kann die Tätigkeitsbeschreibung für die Beratung von Pflegeeltern dienen) und zum anderen darauf zu achten, dass die Zusammenarbeit regelmäßig reflektiert wird. So ist es möglich frühzeitig unterschiedliche Sichtweisen, Unstimmigkeiten aber auch gelingende Aspekte anzusprechen. Unser Leitfaden für das Gespräch zur Zusammenarbeit gliedert sich in drei Zeitebenen:

  • Rückblick,Vergangenheit
  • Gegenwart
  • Zukunft

 

Gespräch zur Zusammenarbeit

Dieses Gespräch soll zum einen der Reflektion der Zusammenarbeit zwischen der Fachberatung und der Erziehungsstellenfamilie dienen, zum anderen geht es um die wechselseitige Weiterentwicklung und auch um die zu verändernden Anforderungen an den Fachbereich insgesamt. Dabei kann auch die Zusammenarbeit mit den Herkunftseltern, dem Jugendamt, dem Vormund, Therapeuten, der Schule, der Kindertageseinrichtung und anderen Institutionen reflektiert werden.

Beim dem Reflektionsgespräch nehmen möglichst beide Erziehungsstelleneltern teil. Grundsätzlich geht es bei dem Rückmeldegespräch immer um die Sichtweise der Erziehungsstellenmutter und des Erziehungsstellenvaters und der Fachberatung. Diese können auch unterschiedlich sein.

Die folgenden Hinweise dienen sowohl der Erziehungsstelle, als auch der Fachberatung zur Anregung für Fragestellungen im Gespräch. Der „Leitfaden“ oder Aspekte davon können bei jeder Gelegenheit genutzt werden, wenn es der Erziehungsstelle oder der Fachberatung sinnvoll erscheint die gemeinsame Zusammenarbeit in Blick zu nehmen.

Rückblick/Vergangenheit

(Rückblick auf das vergangene Jahr / Rückblick auf jeweils ein konkretes Beratungsgespräch bzw. Ereignis)

  • Was gibt es zu der Vergangenheit im Allgemeinen zu berichten?Beratung von Pflegeeltern
  • Was haben wir/Sie im vergangen Zeitraum erreicht?
  • Welche guten, aber auch schwierigen Erfahrungen haben wir gemacht? Wie sind wir mit den guten und wie sind wir mit den schwierigen Situationen umgegangen?
  • Welche Stärken haben uns auch in den schwierigen Momenten weitergeholfen?
  • Welche Aspekte in der Zusammenarbeit haben wir als hilfreich, zielführend und entwicklungsfördernd erlebt?
  • Was war eher weniger hilfreich, zielführend und entwicklungsfördernd?

 Gegenwart

  • Gibt es Themen aus Sicht der Erziehungsstelleneltern und aus Sicht der Fachberatung, die aktuell besprochen werden sollen und wie viel Aufmerksamkeit wollen wir diesen Themen geben.
  • Wie stellt sich für die Erziehungsstelleneltern und für die Fachberatung die aktuelle Situation dar und was ist eher förderlich bzw. was ist eher hemmend?
  • Was sind die Stärken der Erziehungsstelleneltern?
  • Was sind die Stärken der Fachberatung?
  • Welche unserer Angebote werden nutzen Sie (Fortbildung, Supervision, Regionalgruppen, Jahrestagung und Curriculum zur Qualifizierung von Erziehungsstellen)

Zukunft

  • Wie wollen wir gemeinsam unsere Zusammenarbeit zukünftig gestalten bzw. verbessern und wollen wir denn auch weiter zusammenarbeiten.
  • Beratung von PflegeelternWelche Wünsche haben Sie zu den Inhalten, Gestaltung und zu den Themen bezüglich unserer Angebote (Fortbildung, Supervision, Regionalgruppen, Jahrestagung und Qualikurs)
  • Welche Entwicklungsthemen sehen Sie als Erziehungsstellenfamilie für sich, welche Entwicklungsthemen würde ich Ihnen als Fachberatung empfehlen.
  • Welche Vereinbarungen wollen wir dazu treffen?
  • Gibt es aktuelle Wünsche an den Fachbereich bzw. an die Geschäftsbereichsleitung?

 

Möchten Sie mehr über unsere Dienstleistungen für Pflegefamilien erfahren könnte auch folgender Beitrag für Sie interessant sein.

Wir arbeiten unter dem Dach des St. Elisabeth-Vereins. Ein Träger für Kinder- und Jugendhilfe, Behindertenhilfe und Altenhilfe.

Lobbyarbeit für Pflegefamilien

Lobbyarbeit für Pflegefamilien

Die Vertrauensgruppe der Pflegefamilien des St. Elisabeth-Vereins* macht Lobbyarbeit für Pflegefamilien und trifft sich mit Landes- und Kommunalpolitikern

Der Einladung der Vertrauensgruppe des St. Elisabeth-Vereins sind am 11.06.2018 Angelika Löber (SPD), Marjana Schott und Jan Schalauske (beide Die Linke) gefolgt. Ziel des fachpolitischen Austauschs war es, die Politiker für die Themen Care Leaver, Pflegekinder mit Behinderung und zum Heranziehungsbeitrag für Jugendliche in Ausbildung zu sensibilisieren.

Die Beteiligten…

Für die Vertrauensgruppe waren Hans Schwarz, Detlef Wirth, Heinz Jürgen Schleich (Sprecher der Vertrauensgruppe), Ernst Prall und Uwe Wüst anwesend. Es fehlten: Wilma Jung, Petra Müller – Namockel und Melanie Kleine – Luttropp.

Alle Beteiligten haben sich besonders darüber gefreut, dass sich Nadine Mocco als betroffenes ehemaliges Pflegekind und Care Leaverin mit ihren ganz persönlichen Erfahrungen eingebracht hat.

Lobbyarbeit für PflegefamilienNach der Begrüßung von Heinz Jürgen Schleich und der Vorstellungsrunde wurde deutlich, dass bei den fünf Pflegevätern insgesamt 99 Jahre Erfahrung als Pflegefamilie versammelt sind und in ihren Familien insgesamt 27 Pflegekinder gelebt haben oder aktuell noch leben. Allen Mitgliedern der Vertrauensgruppe ist die Lobbyarbeit für Pflegefamilien eine echte Herzensangelegenheit.

Danach berichtete Nadine Mocco von ihrer ganz persönlichen Geschichte. Nach dem Fachabitur stand die Frage an, ob sie einen Antrag auf Verlängerung der Erziehungshilfemaßnahme nach ihrem 18. Lebensjahr stellen soll. Sie entschied sich, dies zu tun, damit sie mit Beginn einer Lehre oder eines Freiwilligen Sozialen Jahres nicht ohne Unterstützung, auch durch ihre Pflegeeltern, dastehen würde.

Ein ehemaliges Pflegekind erzählt…

Sie sagt dazu: „Das war schon echt komisch, für sich selbst diesen Antrag zu stellen. Und was ganz blöd war, dass ich mich schlechter darstellen musste, als es tatsächlich war, damit ich auch wirklich Hilfe bekomme.“

Die Hilfe wurde ihr für ein Jahr gewährt. Sie entschloss sich, dann doch erst ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in Marburg zu machen. Sie konnte bei der Diakonie Hessen in eine Wohngemeinschaft ziehen. Sie selbst hätte ca. 430,00 € für ihren Lebensunterhalt vom FSJ – Träger bekommen. Das Jugendamt machte dann deutlich, dass sie davon 75 % als Heranziehungsbeitrag einbehalten würde. Dies hätte eine Summe von 322,50 € bedeutet. Damit fühlte sie sich erpresst, wären ihr doch nur noch 107,50 € geblieben. Davon hätte sie nicht ihren Lebensunterhalt in der WG bestreiten können.

Was sagt der Petitionsausschuß des Bundestages dazu?

Dabei stellt der Heranziehungsbeitrag eine sogenannte „Kann Bestimmung“ im SGB VIII dar und den Jugendämtern bleibt ein Ermessensspielraum. In einem Schreiben (16.12.2013) vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages wurde der Vertrauensgruppe wie folgt geantwortet:

„Nunmehr können Jugendämter seit dem 3. Dezember 2013 im Rahmen ihres Ermessens darüber entscheiden, ob sie bei jungen Menschen in stationären Einrichtungen oder in Pflegefamilien von der Kostenheranziehung aus dem Einkommen absehen oder einen geringeren Kostenbeitrag erheben. Voraussetzung ist, dass die jungen Menschen das Einkommen im Rahmen einer Tätigkeit erworben haben, die im besonderen Maße dem Zweck der Jugendhilfeleistung dient (zum Beispiel der Übernahme von Eigenverantwortung, dem Erwerb sozialer Kompetenzen oder der Verselbständigung). In Bezug genommen sind hier Fälle, in denen die Heranziehung des jungen Menschen zu den Kosten dem Ziel der Hilfe widersprechen und der Zweckbestimmung der pädagogischen Arbeit mit dem jungen Menschen entgegenlaufen würde.”

Bei einem Freiwilligen Sozialen Jahr werden doch gerade die verfolgten Ziele der Jugendhilfemaßnahme noch gefestigt und der junge Mensch erbringt dazu noch einen gesamtgesellschaftlichen Beitrag. Das ist dann für einen jungen Menschen nach Einschätzung von Nadine Mocco wirklich schwer nachzuvollbar.

Die Geschichte geht weiter…

Nadine Mocco erzählt weiter, dass mit ihrem zuständigen Jugendamt zu dieser Frage nicht zu verhandeln war und sie sich dann schweren Herzens entschloss, die Hilfe zu beenden.

Lobbyarbeit für PflegefamilienHeute sagt sie mit noch klarerer Überzeugung: “Wäre ich in der Hilfe geblieben, hätte ich finanziell das FSJ nicht machen können, und das ist jetzt, wo ich in Ausbildung bin, noch schlechter nachzuvollziehen, habe ich doch durch das FSJ auch zu arbeiten gelernt. Es war also wirklich eine gute Vorbereitung für die Sicherung meiner weiteren Zukunft.”

Damit war jedoch ihre Reise der Ungewissheiten nicht vorbei. Mit Beginn der Ausbildung musste sie sich eine eigene Wohnung suchen. Klar war, dass das Ausbildungsgeld nicht reichen würde, also beantragte sie Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).

“Das war für mich ganz schlimm, dass ich eine Einkommensbescheinigung meiner getrennten Eltern vorlegen sollte, zu denen ich Jahre keinen Kontakt mehr hatte und auch keinen haben wollte. Das Ganze zog sich über ein halbes Jahr hin, in dem ich dann natürlich auch kein Geld bekam. Wären meine Pflegeeltern nicht so kulant gewesen und hätten mir Geld vorgestreckt, hätte ich die Lehre nicht beginnen können. Das verstehe ich alles nicht. Dann ist doch der ganze Einsatz von mir und meinen Pflegeeltern für die Katz, wenn einem solche Hürden in den Weg gelegt werden. Ich würde mir sehr wünschen, dass die Politiker da leichtere Wege für uns Care Leaver schaffen.”

Politiker beeindruckt…

Alle drei Politiker gaben sich fassungslos zu diesem Umgang. Sie fragten interessiert nach, um die Gesamtzusammenhänge noch besser zu verstehen. So sprach Jan Schalauske z.B. davon, dass es möglich wäre, im Einzelfall ihn als Mandatsträger direkt anzusprechen, um für Unterstützung bzw. Aufklärung zu werben. Marjana Schott drückte aus, dass hier einfach auf die enge Bindung zu den Pflegeeltern gesetzt wird. Doch was ist mit den Jugendlichen, denen diese Verbindung nicht zur Verfügung steht? Und Angelika Löber gab den Anwesenden den Tipp, sie bei der nächsten Petition direkt einzubeziehen, damit sie auch gut und richtig bearbeitet wird.

Und Nadine Mocco stellt für sich fest:

“Ohne meine Pflegeeltern hätte ich diesen Übergang nicht geschafft.”

Bezogen auf die Pflegekinder mit Behinderung führt Marjana Schott aus, dass gerade der Gesetzentwurf der hessischen Landesregierung zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes zur Lesung im Landtag eingebracht ist. Sie will versuchen, Heinz Jürgen Schleich als Sprecher der Vertrauensgruppe noch einen Platz für die Anhörung zu reservieren.

Für  alle war es ein sehr wichtiger und inhaltlich fundierter Termin. Die Mitglieder der Vertrauensgruppe dankten Nadine Mocco und allen Politikern für ihr Interesse und für ihren Einsatz.

Nach den Sommerferien stehen noch weitere Gespräche mit Politikern aus dem Landkreis Marburg Biedenkopf und der Stadt Marburg aus.

Möchten Sie selbst Pflegefamilien werden oder sich an der Lobbyarbeit für Pflegefamilien unterstützend beteiligen freuen wir uns über Ihre

Kontaktaufnahme!!!

*Anmerkung: Die Vertrauensgruppe der Pflegefamilien des St. Elisabeth-Vereins wird alle 3 Jahre von den über 100 Pflegefamilien als ihre Interessensvertretung gewählt. Sie nimmt sich jedes Jahr Arbeitsschwerpunkte vor. Das Jahr 2018 steht unter dem Motto: „Lobbyarbeit für Pflegefamilien“. Es stehen insgesamt mehrere Treffen mit Politikern auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene an.

Pflegekinder aufnehmen

Pflegekinder aufnehmen

Pflegekinder aufnehmen und der Weg dorthin…

„Die wichtigste Voraussetzung, die zukünftige Pflegeeltern mitbringen sollten, ist die Neugier auf das Kind.“

Pflegefamilien werden dringend gebraucht. Familien, Paare und Singles, die sich vorstellen können, einem Kind ein sicheres Zuhause zu geben, sind jederzeit willkommen. Pflegekinder aufnehmen – für viele Interessenten ist der Weg zum Pflegekind erst einmal mit Unsicherheiten und Fragen gespickt. Sind wir der Aufgabe gewachsen? Wie lange dauert es, bis ein Pflegekind einzieht? Erfüllen wir alle Voraussetzungen? Im Gespräch mit Pamela Premm von Premm PR berichtet Bertram Kasper, Geschäftsbereichsleiter beim St. Elisabeth-Verein, von seinen Erfahrungen und gibt Antworten auf die meist gestellten Fragen. Entstanden ist ein Mutmach-Interview für alle, die alle die Pflegekinder aufnehmen oder darüber nachdenken wollen.

Pamela Premm (PP): Vom Bewerberverfahren bis zum Einzug des Pflegekindes – es gibt viele Fragen auf dem Weg zur Pflegefamilie bis es dann zum „Pflegekinder aufnehmen“ kommt. Viele potenzielle Eltern sind sich unsicher, ob sie überhaupt die Voraussetzungen erfüllen, um Pflegeeltern zu werden. Worauf kommt es denn letztendlich an?

Bertram Kasper (BK): Schon allein, dass sich potenzielle Pflegeeltern mit der Thematik auseinandersetzen, macht sie zu guten Kandidaten. Wir sagen immer: Die wichtigste Voraussetzung, die zukünftige Pflegeeltern mitbringen sollten, ist die Neugier auf das Kind und die Lust, als Familie zusammenleben zu wollen. Um das herauszufinden, laden wir alle Kandidaten zu einem Kennenlern-Gespräch ein. In diesem ersten Infogespräch geht es darum, Vertrauen aufzubauen, und unsere fachlichen Unterstützung zur Begleitung von Pflegefamilien durch uns als Träger vorstellen. Erst dann gibt es eine ausführliche Infomappe und einen Fragebogen für die potenziellen Eltern, in dem z. B. auch Fakten zum Einkommen oder zur Wohnsituation abgefragt werden.

PP: Man liest immer wieder, dass interessierte Familien einen großen Respekt vor dem Jugendamt haben. Sind diese Unsicherheiten berechtigt?Pflegekinder aufnehmen

BK: Es kursieren die seltsamsten Vorstellungen von der Rolle der Jugendämter und über die Schärfe der Überprüfung. Auch dem Jugendamt ist es ein Anliegen, mit den zukünftigen Pflegefamilien ins Gespräch zu kommen. Insgesamt sind die Abläufe bürokratischer und stärker an offiziellen Formalien geknüpft als bei einem freien Träger. Das kann auf Interessenten respekteinflößend wirken. Vor dem Jugendamt braucht man allerdings keine Angst haben. Dort arbeiten ausgebildete Sozialpädagogen, die, genauso wie wir, auf Pflegestellen angewiesen sind. Auch bei einer direkten Zusammenarbeit mit den Jugendämtern bildet ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis die Basis. Wir arbeiten gut mit den Jugendämtern zusammen und unsere Pflegefamilien auch.

„Als Pflegefamilie wird man nicht geboren. Familien wachsen mit der Aufgabe…“

PP: Interessenten durchlaufen bei Ihnen ein mehrstufiges Bewerberverfahren. Viele interessierte Familien machen sich Sorgen, dass sie die Kriterien nicht erfüllen. Was sagen Sie diesen?

BK: Erst einmal geht es uns nicht darum, ein Urteil über die Menschen abzugeben. Im Bewerberverfahren wollen wir herausfinden, ob sich die zukünftigen Pflegefamilien zu 100 Prozent mit der Aufgabe identifizieren. Wir wissen aus Erfahrung, dass man als Pflegefamilie nicht geboren wird. Es ist ein sich Einfinden in die veränderte Situation. Man wächst in die neue Aufgabe hinein. Die interessierten Familien machen sich zu viele Sorgen. Wir versuchen daher, gleich zu Beginn, eine offene, vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Wir möchten den zukünftigen Eltern Ängste und Unsicherheiten nehmen, daher stehen Gespräche an erster Stelle. Der Bewerbungsprozess darf außerdem nicht als Einbahnstraße betrachtet werden. Es ist ein wechselseitiger Prozess. Wir möchten schließlich die Familien auch von uns überzeugen.

 „Wir wollen herausfinden, wie Familien mit Übergängen umgehen.“

PP: Ein perfektes Bild von sich, seiner Familie und dem Umfeld zu zeichnen, ist also gar nicht notwendig?

BK: Nein, ganz im Gegenteil. Je offener auch über schwierige Themen gesprochen wird, desto besser. Jede Familie hat doch ihr ganz eigenes Päckchen zu tragen. Wir wollen vor allem wissen, wie emotional belastende Momente verarbeitet wurden, wie die Familie mit Übergängen umgeht. Das können beispielsweise schwierige Lebensphasen oder einschneidende Erlebnisse wie der Verlust eines geliebten Menschen sein. Holt sich die Familie Hilfe, wenn die Belastung zu groß wird? Verfügt sie über eigene Strategien, um eine schmerzvolle Erfahrung zu verarbeiten und mit ihr abzuschließen?

Auch hier gibt es kein Schwarz oder Weiß. Paare, die große Schwierigkeiten haben, mit Übergängen zurechtzukommen, können ganz fürsorgliche Eltern sein. Uns geht es hierbei nicht, um das ob, sondern um das wie. Wie können wir Familien bestmöglich helfen? Pflegekinder aufnehmen bedeutet auch, dass die  bestehenden Familienkonstellationen durcheinander gewirbelt werden können. Familien müssen sich ganz neu sortieren. Wenn wir von den Familien schon vorab wissen, wie sie solchen Veränderungen begegnen, können wir sie als Träger besser auf dem Weg zur Pflegefamilie unterstützen.

PP: Für Geschwisterkinder und die Verwandtschaft kann ein Pflegekind auf Unverständnis stoßen. Wie kann man gerade Geschwisterkinder vorbereiten?

BK: Auch hier gilt: reden, reden, reden. Wenn ein Pflegekind in die Familie kommt, ist das für die Geschwisterkinder ein herber Einschnitt. Es beginnt eine Phase, in der das Pflegekind viel Zeit beanspruchen wird. Die Eltern werden einige Termine wahrnehmen müssen. Das Pflegekind braucht intensive Aufmerksamkeit, die von den eigenen Kindern abgeht. Daher ist es wichtig, mit den Geschwisterkindern im Vorfeld offene Gespräche zu führen und die Gefühle zu erkunden.

Pflegekinder aufnehmenKinder sind in ihren Aussagen sehr direkt. „Bei uns in der Familie ist es gut, und wir haben noch Platz für ein Kind“, sind hoffnungsvolle Vorzeichen. Stehen die eigenen Kinder einem Pflegekind eher skeptisch oder ablehnend gegenüber, ist das eine denkbar ungünstige Situation. Natürlich können die Geschwisterkinder das Ausmaß der Veränderung im Vorhinein nicht abschätzen. Daher ist es wichtig, immer wieder mit den Kindern in Kontakt zu treten. In Seminaren geben wir ihnen den Raum, um Gefühle auszudrücken. Indem wir spezielle Freizeiten für Pflegekinder anbieten, haben die Kernfamilien die Chance, immer wieder Zeit miteinander zu verbringen und die gegenseitige Bindung zu stärken.

„Der Bewerbungsprozess und bis es zum Pflegekinder aufnehmen kommt, kann ungefähr so lange dauern wie eine Schwangerschaft.“

PP: Die Pflegeeltern können es häufig kaum erwarten, bis das Kind einzieht. Wie lange dauert es vom Erstgespräch bis zur Anerkennung als Pflegeeltern und dann bis heißt: Pflegekinder aufnehmen?

BK: Das kommt immer darauf an. Wir sagen als Faustformel, dass der Bewerbungsprozess einer Schwangerschaft gleichkommt, inklusive Nestbau und Vorfreude. Einerseits nehmen wir uns ausreichend Zeit, um die Eltern kennen zu lernen. Allerdings versuchen wir auch, die Bedürfnisse der Eltern zu berücksichtigen, die von Beginn an hoch motiviert sind und der Anerkennung entgegenfiebern. Meistens dauert der Bewerbungsprozess etwa ein halbes bis drei Viertel Jahr. Manchmal forcieren wir das Verfahren auch. Dann wenn wir uns für die zukünftige Pflegefamilie ein bestimmtes Kind vorstellen können.

PP: Müssen Pflegeeltern denn alle Vorbereitungsseminare absolviert haben, bevor das Pflegekind einziehen darf?

BK: Nein, es ist sogar sehr sinnvoll, wenn sie noch einige davon wahrnehmen, wenn das Kind bereits eingezogen ist. Für die Grundqualifikation durchlaufen Pflegeeltern zwölf Module. Wenn das Pflegekind bereits in der Familie lebt, findet eine vertiefende Auseinandersetzung mit den Themen statt. Das befürworten wir. Ansonsten bilden wir die Pflegefamilien regelmäßig fort. Pflegekinder aufnehmen bedeutet auch sich ständig zu qualifizieren und auch Supervision in Anspruch zu nehmen.

PP: Auch aufseiten der leiblichen Eltern stehen viele Unsicherheiten und Sorgen. Die Frage, ob es dem eigenen Kind gut gehen wird, spielt dort mit ein. Welchen Einfluss haben die leiblichen Eltern auf die Auswahl der Pflegeeltern?

BK: Sowohl die leiblichen Eltern als auch die Pflegeeltern haben ein Wunsch- und Wahlrecht, was wir versuchen, positiv zum Wohl des Kindes zu beeinflussen. Wenn wir glauben, dass ein Kind in einer Pflegefamilie gut aufgehoben ist, leisten wir durchaus Überzeugungsarbeit bei den leiblichen Eltern oder beim Vormund. Auch die Pflegeeltern dürfen Wünsche äußern. Ist ein Pflegekind gefunden, wird ganz behutsam der Kontakt zwischen Pflegeeltern und Pflegekind angebahnt. Hier wird sehr genau geschaut, ob es zusammenpasst und ob sich beide Seiten „gut riechen“ können.

PP: Viele zukünftigen Pflegeeltern haben die Befürchtung zu alt für ein kleines Kind zu sein. Gibt es eine Altersgrenze für Pflegeeltern?

BK: Diese Angst ist unbegründet. Auch ältere Pflegeeltern haben die Chance, ein jüngeres Kind zu bekommen. Eine Grundregel besagt, dass die Pflegekinder die Volljährigkeit erreicht haben sollten, bevor die Pflegeltern im Rentenalter sind.

PP: Gibt es auch Fälle, dass Eltern als Pflegeeltern abgelehnt wurden?

BK: Wir schauen schon ganz genau, ob die Familie, Geschwisterkinder und die Verwandtschaft hinter dem Modell „Pflegefamilien“ stehen. Manchmal wiegt ein Ereignis aus der Vergangenheit auch so schwer, dass wir erst einmal davon absehen, ein Pflegekind zu vermitteln. Es kommt vor, dass erst eine Baustelle geschlossen werden muss, bevor die Zeit für etwas Neues gekommen ist. Beim Verlust des eigenen Kindes kann es sinnvoll sein, noch etwas Zeit verstreichen zu lassen.

Wichtig ist, dass die Eltern und das Umfeld emotional gefestigt sind, dem Pflegekind einen sicheren Halt geben können, sich Hilfe bei Konflikten holen und über eine hohe Empathie-Fähigkeit verfügen. Wir möchten die zukünftigen Pflegeeltern nicht überfordern, sodass wir schon sehr genau hinschauen. Wir versuchen, aber eher unterstützend einzuwirken, wenn wir das Potenzial erkennen, anstatt Kandidaten abzulehnen. Da wir einen guten Betreuungsschlüssel haben, können unsere Fachberater Familien auch durch schwierige Situationen intensiv begleiten.

Sie spielen mit dem Gedanken ein Pflegekind aufzunehmen? Dann melden Sie sich gerne bei uns!

Mehr Informationen zu unserem Bewerberverfahren erhalten Sie in folgendem Magazinbeitrag: Wie werden wir Pflegefamilie?

Lesen Sie im Interview – Teil 2: Das Pflegekind zieht ein…Er erscheint am 23.05.2018 um 9.00 Uhr auf dieser Homepage.