Focusing für Pflegemütter und Pflegeväter

Focusing für Pflegemütter und Pflegeväter

Focusing für Pflegemütter und Pflegeväter oder:

Vom Abenteuer des achtsamen Sich – Selbst – Begegnens

von Esther Schmitt (Projektleitung Fort- und Weiterbildung) 23:30 Uhr. Erschöpft. Entmutigt. Kein Tag, der nach Wiederholung schreit. Leer gekämpft bin ich und leer gefühlt. Es ist der Abend, an dem ich Focusing „entdecke“: „Wenn Du Dich nicht an Deinem Leben freust, wer sonst?“[1] Dieser kleine Satz oder besser gesagt diese kleine Frage, markiert den Ausganspunkt einer persönlichen Reise ebenso wie den Beginn einer Entwicklung, deren Schritte sich seit 2017 in Fortbildungsangeboten für Pflegefamilien des St. Elisabeth-Vereins widerspiegeln. Daraus ist auch das Angebot Focusing für Pflegemütter und Pflegeväter entstanden.

11 Gründe, weiterzulesen: Was Focusing bewirken kann[2]

 Focusing kann Sie unterstützen …
  • innere Stimmigkeit zu erreichen: sich selbst zuhören und bei sich bleiben
  • zu entdecken, was Sie Tag für Tag brauchen und was Ihnen gut tut, damit sich Ihre Lebendigkeit entfalten kann.
  • im „Mich-Selbst-Annehmen“: sich selbst mehr und mehr verstehen und liebevoll annehmen
  • Theorie und Praxis des Veränderungswissens zu erwerben
  • angesichts herausfordernder zwischenmenschlicher Situationen die Fassung zu wahren und den Boden unter den Füßen zu behalten
  • zwischen eigenen und fremden Gefühlen zu unterscheiden: lebendig mit sich selbst und der Umwelt verbunden sein
  • über achtsames Wahrnehmen körperlichen Erlebens persönlich stimmige Lösungsschritte zu entfalten: Denk- und Heilungsschritte zugleich
  • Techniken der inneren Distanzierung, Beruhigung und Begleitung zu erlernen: die eigene Basisstation sein
  • schwierige und konfliktreiche zwischenmenschliche Situationen frischer, versöhnlicher und für beide Seiten zufriedenstellender zu gestalten
  • liebevoll mit „gefühltem Scheitern“ umzugehen und lebensbejahend zu bleiben
  • sich ohne großen Aufwand entspannter und ermutigter zu fühlen
Diese Aspekte verdeutlichen wie wichtig Focusing für Pflegemütter und Pflegeväter sein kann. Doch was ist Focusing eigentlich genau?

Was ist Focusing? – Der „Entdecker“:

Prof. Eugene Gendlin, geboren 1926 in Wien und seines Zeichens Philosoph, Psychologe und Psychotherapeut, war fasziniert von dem Sich-Einlassen auf das, was schon gespürt, aber noch nicht gewusst wird. Mit seinen Eltern floh er 1938 vor den Nationalsozialisten in die USA, studierte in Chicago Philosophie und wurde im Verlauf seiner Karriere zum Professor für Philosophie und Verhaltenswissenschaften der Universität Chicago berufen. Für seine bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der Psychotherapie erhielt er höchste Auszeichnungen. Sein erstes Buch FOCUSING (auf das weitere rund 500 Veröffentlichungen folgen sollten) erschien 1978 und wurde in zwölf Sprachen übersetzt. In seiner Arbeit verbinden sich empirische Psychotherapieforschung, psychotherapeutische Praxis und Philosophie zu einem Ganzen. Er ist der Entdecker des „Felt Sense“, einer Erlebniskategorie, die heute das Herzstück des Focusing bildet.[3]

Die Praxis:

Focusing, das ist die gute Nachricht, die wir von Frau Dipl. Psychologin Charlotte Rutz (Referentin) erhalten, ist „für Jederfrau und Jedermann erlernbar“. Focusing für Pflegemütter und PflegeväterFrau/Mann kann sich Focusing als eine Art Werkzeugkoffer voller vieler kleiner, leichter, intuitiver Techniken, Konzepte, Landkarten und Übungsanleitungen vorstellen, die die/den Focusing-Praktiker/in grundsätzlich dabei unterstützen, sich in einer freundschaftlichen und annehmenden Beziehung zu sich selbst zu beheimaten.

Das freundliche Verstehen von sich selbst…

Dieses „freundliche Verstehen“, das uns häufig in Kontakt mit dem befreundeten oder geliebten Gegenüber selbstverständlich ist, sollte von wesentlicher Bedeutung sein auch für die innere Kommunikation mit uns selbst: „Genau wie in einer zwischenmenschlichen Beziehung eröffnet nur die Haltung des liebevollen, akzeptierenden Annehmens und Belassens, wie es gerade ist, den Raum für Veränderung, Wandlung und innere Kreativität. Nur so heilen innere Verwundungen und entsteht in uns überraschend Neues.“, sagt Klaus Renn, approbierter Psychotherapeut und einer der beiden Leiter des Deutschen Ausbildungsinstituts für Focusing und Focusing-Therapie (DAF).[4] Den Kontakt mit sich selbst nicht zu verlieren, gerade in heiklen Situationen mit lieben Mitmenschen, ist die Voraussetzung dafür, dass auch schwierige Situationen für beide Seiten befriedigender und versöhnlicher gestaltet werden können.

Focusing für Pflegemütter und Pflegeväter einfach selbst ausprobieren…

„Es ist schwer“, so Frau Dipl. Psychologin Charlotte Rutz, „über Focusing zu schreiben. Ausprobieren ist die Devise!“ Zum Ausprobieren haben die Pflegefamilien des St. Elisabeth-Vereins zum zweiten Mal in diesem Jahr Gelegenheit: Der zweite „Focusing-Schnuppertag“ findet am Samstag, 21.04.2018 in unseren Seminarräumen in Marburg statt. Begleitet werden die Teilnehmenden auch an diesem Tag von Frau Charlotte Rutz, die in den vergangenen Jahren vielfache Erfahrungen mit Focusing gesammelt hat: Sie selbst hat bei Klaus Renn am DAF als Teilnehmende verschiedene Ausbildungsabschnitte, bis hin zur Focusing-Therapeutin, absolviert. Heute arbeitet sie regelmäßig mit Focusing-Elementen und engagiert sich in der Focusing-Ausbildung.[5]

Basisstation für sich und andere: Focusing für Pflegemütter und Pflegeväter

Die Frage, die sich stellt…

Wie kann das gehen und welche enormen emotionalen Aufwendungen werden wohl betrieben, um als Pflegemütter und -väter auf oft „ schwerer See“ Tag für Tag Familie leben zu können? Nach jedem persönlichen Gespräch, nach jeder Fortbildungsveranstaltung, jeder Regionalgruppe wird diese Frage in mir lauter … Die Konstellationen sind besonders – in vielerlei Hinsicht. Pflegekinder sind Kinder, die per definitionem, in schwierigem Gelände zurechtzukommen aufgefordert sind: Zu allen altersgemäßen Entwicklungsanforderungen, die jedes Kind zu bewältigen hat, kommt – in jedem Fall- die eine ganz spezielle Anforderung hinzu: Als Kind nicht bei den leiblichen Eltern oder zumindest einem leiblichen Elternteil zu leben. Warum auch immer. Etwas ist geschehen. Was auch immer.

Spuren, die sich Bahn brechen…

Was geschehen ist, hinterlässt Spuren. Spuren, die sich in der „neuen“, der „anderen“ Familie Bahn brechen. Verbunden oft mit großen Anstrengungen aller jener, die diese Familie sind. Wie umgehen, mit verzweifelten, aggressiven Wutanfällen der Kinder, mit ihren manchmal sehr originellen Gewohnheiten, mit Angstzuständen, emotionalem Rückzug, (teils) extremen, nicht eindeutig einzuordnenden Reaktionen auf Kontakte mit leiblichen Eltern, und, und, und … ?? Wie mit all dem umgehen und trotzdem in Beziehung bleiben, versöhnlich sein, Nähe anbieten, gelassen reagieren…? Pflegeeltern sind also auf enorme Weise gefordert: Tag für Tag. Es bleibt deshalb nicht aus und kann auch nicht ausbleiben, dass Kraftreserven geringer werden, negative Gefühle entstehen – dem Kind und sich selbst gegenüber, innere Not erlebt wird, Frau/Mann manchmal einfach nur aufgeben will, weil die Situation ausweglos erscheint.

Gute Rahmenbedingungen für Pflegefamilien…Focusing für Pflegemütter und Pflegeväter

Pflegefamilien brauchen deshalb Rahmenbedingungen, die sie in ihrer Aufgabe bestmöglich unterstützen. Neben regelmäßiger persönlicher Beratung sowie zusätzlicher Supervision, sind dies beim St. Elisabeth-Verein kostenfreie Fortbildungsangebote, die auf Pflegefamilien zugeschnitten sind. Auch Focusing für Pflegemütter und Pflegeväter kann da eine Antwort geben. –  
„Im Spielerischen liegt eine andere Möglichkeit des Lebendig – Seins:
eine Bereitschaft, sich auf die schwierigen Probleme mit einem Appetit auf
Leben, einer Fähigkeit, sich an gute Zeiten zu erinnern und einer Freude am
Leben einzulassen.“ Prof. Eugene Gendlin

Selbstfürsorge unterstützen: Focusing für Pflegemütter und Pflegeväter des St. Elisabeth-Vereins e.V. im Fortbildungsangebot 2018

Der Geschäftsbereich bietet in diesem Jahr erneut an, Focusing kennenzulernen und einzuüben: „Focusing-Schnuppertage“ (23.02.2018 oder 21.04.2018) und ab Herbst zusätzlich ein mehrtägiges Focusing-Seminar (Start am 26.10.2018) können hierzu genutzt werden. Mehr zu den Fortbildungen für unsere Pflegemütter und Pflegeväter finden Sie unter „Fortbildungen“.

Das sagen Teilnehmende des ersten „Focusing-Schnupperstages“: 

„In einer ruhigen und gelassenen Atmosphäre konnte mit verschiedenen Übungen/Methoden experimentiert werden – eine ganz andere Art und Weise ein Seminar zu erleben.“
Es war ein wunderbarer Tag ohne Leistungs-oder zumindest Erkenntnisdruck. In ruhiger und ausgesprochen wertschätzender Atmosphäre ist zwischen manchen Teilnehmenden ein sehr persönlicher und vertrauensvoller Austausch möglich gewesen.Kurze Meditationen (stehend, sitzend oder liegend – ganz nach der eigenen Vorliebe) haben zu einer angenehmen Entschleunigung beigetragen.    Ich mache weiter!   Annette Wüst
Wie kann ich eine Situation, ein Gefühl, ein Erlebnis welches  unangenehm und bedrückend mein Leben belastet, anschauen – und annehmen ?In einer von Frau Rutz vorgeschlagenen Partnerübung konnte ich mich in mein inneres Erleben begeben. Es liegt in meiner Verantwortung mich dem unangenehmen Befinden zu nähern, es genauer anzuschauen und zu akzeptieren. Ich  bin der Gestalter. Damit ist noch keine Lösung bewirkt.Durch die vertrauliche Atmosphäre aus Eigenwahrnehmung und Zuhören ist ein Freiraum entstanden, bei dem die Bedrückung durch das unangenehme Befinden an Gewicht verloren hat. Schwierig zu erklären – Einlassen und Ausprobieren…
Interessieren Sie sich für die Arbeit als Pflegefamilie oder möchten Sie einmal in unsere Fortbildungen reinschnuppern, wenden Sie sich bitte über unser Kontaktformular an uns! [1] Ausgesprochen von einem Zenmeister auf einer Focusing- Sommerschule [2] Bücher, die die Wirkungsmöglichkeiten von Focusing darstellen sowie Übungsanleitungen enthalten: Klaus Renn: Dein Körper sagt Dir, wer Du werden kannst (2017); Ebd: Magische Momente der Veränderung (2016) [3] Wenn Sie mehr über die Hintergründe, Haltungen und Axiome von Focusing sowie den Einsatz von Focusing in der Therapie erfahren wollen, dann empfiehlt sich ebenfalls das Buch von Klaus Renn: Magische Momente der Veränderung. (2016) [4] Vgl. Klaus Renn: Dein Körper sagt dir, wer du werden kannst.(2017), S. 67f. [5] Mehr über Focusing erfahren Sie auch auf der Internetseite des DAF
Pflegeeltern, Hoffnung und die Gewissheit, dass etwas Sinn hat

Pflegeeltern, Hoffnung und die Gewissheit, dass etwas Sinn hat

Pflegeeltern, Hoffnung und die Gewissheit, dass etwas Sinn hat…

Wie heißt es im Volksmund „Die Hoffnung stirbt zuletzt“. Darin drückt sich auch aus, dass die Hoffnung in einer schier aussichtslosen Situation noch einen Weg weisen kann. Und damit kann die Hoffnung ein mächtiger Motor des Lebens, ja sogar für das Leben sein. Beginnt nicht jeder Morgen mit einer Hoffnung…ganz profan auf schönes Wetter oder tief hoffnungsvoll auf einen schönen Tag mit der Familie. Die kleinen und großen Hoffnungen des Alltags.

Auch Pflegeeltern sind hoffnungsvoll oder haben in all den Turbulenzen des Alltags gelernt, wie es geht hoffnungsvoll zu sein. So war es naheliegend einen Magazinbeitrag über „Pflegeeltern, Hoffnung und die Gewissheit, dass etwas Sinn hat…“ zu schreiben.

Pflegeeltern, Hoffnung und die Gewissheit, dass etwas Sinn hat...Öffnen wir einmal die Tür und treten ein bei Familie „Vollderhoffnung“. Die älteste leibliche Tochter Marie ist schon aus dem Haus und studiert in Amsterdam Internationales Management. Die Zwillinge Mike und Justin sind kurz vor dem Abitur und wollen danach erstmal ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren. Die Idee dazu haben sie von ihrer Mutter, sie ist Sozialpädagogin und arbeitet halbtags in einer Kindertageseinricutung. Marie kommt eher nach Ihrem Vater. Er ist Pilot, doch arbeitet heute im Management von Lufthansa. Alle miteinander haben vor 3 Jahren beschlossen ihr gutes Leben mit einem Pflegekind zu teilen.

Dann kam Max, der Pflegejunge…

Und so lebt seit 3 Jahren Max bei ihnen, 8 Jahre alt, ein Pflegejunge, ein Wirbelwind der geschwind und lebendig durch das Haus saust.

Er hat bis zum 2. Lebenjahr bei seinen Eltern gelebt. Max kam also mit 16 Monaten in eine Pflegefamilien. Sein Vater sitzt seit vielen Jahren wegen verschiedener Gewaltdelikte im Gefängnis und seine Mutter befindet sich aktuell wieder in einer Entzugsklinik, da sie unter einem erheblichen Alkoholmissbrauch leidet.

Frau Vollderhoffnung kennt Max aus der Kindertageseinrichtung und hat seine Geschichte hautnah mitbekommen. Max musste seine erste Pflegefamilie aufgrund einer schweren Erkrankung der Pflegemutter verlassen. Und so war sich Familie Vollderhoffnung schnell einig, Max bei sich eine Perspektive zu geben. Sie wussten, dass Max eine schwierige Kindheit hatte und dass der Übergang aus der Pflegefamilie in ihre Familie für Max auch nicht leicht sein würde.

Wenn es schwieriger wird…

Und tatsächlich, schon nach kurzer Zeit tauchen die ersten Schwierigkeiten auf, besonders beim Übergang in die Grundschule. Max wird zunehmend aggressiver, wacht nachts auf und schläft nicht mehr ein. In der Schule schlägt er unvermittelt Kinder, so dass sich die Anrufe der Schule häufen. Auch auf der Straße gibt es immer wieder Konflikte mit Nachbarskindern. Dabei kommt es hin und wieder auf beiden Seiten zu kleineren Blesuren. Schon öfter waren die Nachbarn da, um mit den Pflegeeltern von Max zu sprechen.

Die Pflegeeltern Vollderhoffnung lassen sich jedoch nicht so schnell unterkriegen. Sie hoffen jeden Morgen neu. Hoffentlich geht in der Schule alles gut geht, hoffentlich klingelt nicht plötzlich das Telefon, weil es wieder einen Streit gab. Es wird wohl alles gut gehen, wenn wir Max jetzt draußen spielen lassen.

Und sie blicken auch zuversichtlich auf den nächsten Besuchkontakt mit der Mutter von Max und denken nicht daran, dass es beim letzten Mal aus dem Ruder lief. Unverzagt glauben sie daran, dass doch noch der Knoten Platz und Max sich stablisiert.Pflegeeltern, Hoffnung und die Gewissheit, dass etwas Sinn hat

Pflegeeltern, Hoffnung und die Gewissheit, dass etwas Sinn hat…

Pflegefamilien und Pflegeeltern sind Hoffnungsträger für das Leben, für die Entwicklung von Kindern, den eigenen und den angenommenen. Sie glauben daran, dass sich Wege finden lassen, dass es Lösungen für schwierige Situationen gibt.

Doch für viele Pflegemütter und Pflegeväter macht die Hoffnung noch mehr aus. Sie entfaltet sozusagen ihre ganze Kraft erst, wenn ich mich in meiner Hoffnung eben nicht nur von einem guten oder weniger guten Ausgang einer Situation leiten lasse, sondern von dem Wissen um einem tieferen Sinn von Ereignissen und Entwicklungen.

Und diesen Aspekt drückt der teschechische Menschenrechtler Vaclav Havel in seinem Zitat zur Hoffnung wie folgt aus:

„Hoffnung ist eben nicht Optimismus. Sie ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat – ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht.“

Und Giovanni Maio (deutscher Mediziner und Philosoph) ergänzt den Gedanken von Havel wie folgt:

„Ihrem Wesen nach sei Hoffnung nicht auf ein bestimmtes Ziel gerichtet, sie sei ein Offensein für das, was kommen wird, und ein Vertrauen darauf, es bewältigen zu können. Wer hoffe, vertraue auf die eigene innere Stärke un darauf, am Unverhersehbaren nicht zu zerbrechen. In einem tieferen Sinn hofft man nicht auf etwas, sondern auf sich selbst.“

Und darin wird deutlich, dass es im Zusammenhang mit der Hoffnung so zentral bedeutsam ist, sich selbst zu vertrauen, sich selbst anzunehmen, sich selbst etwas zuzutrauen, auch wenn es um das Unvorhersehbare geht.

Frau Vollderhoffnung hatte eine Ahnung, wie es mit Max werden könnten, doch genau wusste sie es nicht. Und dennoch ist sie voller Hoffnung auf die Situation zu gegangen, hat auf sich selbst und die Stärken von ihrem Mann und ihren Kindern vertraut. Und tatsächlich hat sich das Leben mit Max positiv gestaltet, obwohl es noch einige Hürden zu meistern gab.

Allen die vielleicht noch tiefer in das Thema einsteigen möchten sei der folgender Videotipp an das Herz gelegt.

Therapieziel Dankbarkeit „Über die heilende Kraft der Annahme seiner selbst“,  ein interessantes Video zu einem Vortrag von Giovanni Maio.

Und wie steht es mit Ihrer Hoffnung, mit Ihrem Blick auf die Hoffnung? Pflegeeltern, Hoffnung und die Gewissheit, dass etwas Sinn hat…Wir laden Sie ein mit uns ins Gespräch zu kommen. Vielleicht ist Pflegefamilien werden und sein für Sie auch ein Weg. Nehmen Sie mit uns Kontakt auf!

Inspiriert für diesen Beitrag wurde ich durch das „Die Zeit“ Leitthema „Wie mächtig ist die Hoffnung“, von Christian Heinrich und Allessandro Gottardo. Vielen Dank dafür.

Pflegefamilien und Minimalismus

Pflegefamilien und Minimalismus

Minimalismus – eine Chance für mehr Leichtigkeit in Pflegefamilien

Sobald die Kinder einziehen, geht es los. Schon im Babyalter wird man mit einem Übermaß an Angeboten konfrontiert. Die multifunktionale Wippe, die von selbst schaukelt, während das Kind darin liegt. Das drehende, musikspielende Mobile für das Babybett. Wenn die Hochglanz-Prospekte ins Haus flattern, fällt es schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren. Dabei kann es so guttun, erst einmal in sich hineinzuhorchen. Was braucht das Baby wirklich? Körpernähe, Nahrung, Liebe und ganz viel Zeit. Und wenn die Kinder älter werden? Muss es die angesagte Nerf oder die zehnte Monster High Barbie sein? Nicht unbedingt. Denn Verzicht hat viele Vorteile und kann die Bindung in der Familie fördern. Pflegefamilien und Minimalismus…was hat es damit auf sich?

Minimalismus gibt uns die Chance in Beziehung zueinander zu treten

Erinnern wir uns an die eigene Kindheit. Wie schön es war, mit den wenigen Dingen zu spielen, die bei den Großeltern zur Verfügung standen. Oder die unser eigenes Kinderzimmer bestückten. Es gab einfach auch noch nicht so viel Spielzeug. Ein einfaches Legobauset und die Kiste mit Bauklötzen konnten uns stundenlang fesseln. Damals gab es Zeit im Überfluss, die uns den Raum gab, nach draußen zu gehen und die Welt zu entdecken. Wir konnten uns kreativ und kognitiv entfalten und in Beziehung zueinander treten.

Geben wir unseren Kindern doch auch diese Chance. Viele Familien haben dem übermäßigen Konsum den Rücken gekehrt und verfolgen einen minimalistischen Ansatz. Für Pflegefamilien kann Minimalismus eine große Chance sein. Wenn es darum geht, den Pflegekindern eine sichere Familienstruktur zu bieten.

Doch was heißt Minimalismus?

Laut Wikipedia bezeichnet Minimalismus auch Downshifting genannt, einen „Lebensstil, der sich als Alternative zur konsum­orientierten Überflussgesellschaft sieht. Konsumkritische Menschen versuchen, durch Konsumverzicht Alltagszwängen entgegenzuwirken und dadurch ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben zu führen.“ Siehe auch unter „Einfaches Leben“.

Ordnung bedeutet Klarheit und Sicherheit

Der Trend zum Minimalismus geht mit der Frage einher, wie viel ein Mensch wirklich braucht. Wenn wir ehrlich sind, ist das erstmal nicht viel. Ganz im Gegenteil. Ein Zuviel von allem beschwert uns, führt eher zu Unzufriedenheit. Viele Jugendliche und Erwachsene, aber auch schon ganz kleine Kinder fühlen sich depressiv verstimmt. Sie sind überfordert vom schulischen und außerschulischen Überangebot und der Vielzahl an Spiel- und digitalen Freizeitangeboten. Es ist an der Zeit, das Zuviel herunterzufahren und den entstehenden Platz mit Leben zu füllen.

Pflegefamilien und Minimalismus

Für Pflegekinder ist diese Rückkehr zu den natürlichen Wurzeln besonders wichtig, da sie meistens in chaotischen Verhältnissen zur Welt kamen und viel Ersatzbefriedigung durch Medienkonsum erfahren haben. Durch Ordnung und Routinen erfahren sie Sicherheit. Und auch ihre Gedankenwelt darf sich ordnen und den Platz für positive Erlebnisse freigeben. So wird aus Pflegefamilien und Minimalismus ein echter Zusammenhang.

Bewusste Lebenszeit statt digitale Reize

Bis zu einhundert Mal am Tag schaut jeder von uns im Schnitt auf sein Handy. Eltern, die auf Handys starren, statt den Kindern in die Augen zu blicken, ist zu einem gesellschaftlichen Problem geworden. Viele Jugendliche leiden jetzt schon an den Folgen eines übertriebenen Konsums der sozialen Medien. 100.000 sind bereits abhängig und weisen depressive Symptome auf. Zu einem minimalistischen Leben gehört auch dazu Vorbild zu sein. Wie oft erwischen wir uns dabei, dass wir schon wieder auf das Handy schauen, um die letzte WhatsApp-Nachricht zu checken.

Warum sollte es unseren Kindern anders gehen. Erst wenn wir uns einschränken, können auch unsere Kinder und Jugendlichen einen entspannten Umgang mit den digitalen Medien erlernen. Digitaler Medienkonsum sollte nicht als Ersatzbefriedigung für echte soziale Beziehungen dienen. Viele Pflegekinder haben aber genau das nicht anders kennen gelernt. Gerade bei Familien in Schräglage steht der Medienkonsum häufig an erster Stelle. Umso wichtiger ist es für die Pflegekinder, wieder bewusst in ihren Bedürfnissen wahrgenommen zu werden.

Die Leichtigkeit des Urlaubs in den Alltag transportieren

Warum ist eigentlich so vieles einfacher, wenn wir reisen? Weil wir leichtes Gepäck dabeihaben und die Unterkunft sehr oft spartanisch ausgestattet ist. Auf 40 Quadratmetern rücken wir automatisch zusammen. Die Kinder haben nur ein kleines Spielzeug dabei. Pflegefamilien und MinimalismusAnstelle des Konsums tritt die gemeinsame Aktivität. Wir sprechen mehr miteinander und sind aufmerksamer für die Dinge, die uns unterwegs begegnen. Wir fühlen und spüren das Leben und sind dabei aufgeschlossen für Neues.

Wir sollten versuchen, diese Leichtigkeit auch in den Alltag zu transportieren und immer wieder genau jene Situationen herbeiführen, in denen wir uns im Urlaub am wohlsten führen. Das kann ein regelmäßiger Spaziergang durch den Wald sein oder Füße verbuddeln am Badesee-Strand.  Schaffen wir uns auch im Alltag kleine Glücksmomente und besinnen wir uns auf die Werte, die wirklich zählen: Zeit haben, bewusst leben, tief durchatmen.

Das Frühjahr ist die perfekte Jahreszeit, um sich Luft zu machen

Schaffen wir Platz für neues Leben, für die Leichtigkeit des Sommers, indem wir alten Ballast abwerfen. Dann werden die zu klein geratenen Kindersachen für den Flohmarkt zusammengepackt. Der Keller wird ausgemistet und der Sperrmüll gerufen. Und mit jedem Teil, was wir nicht mehr brauchen und welches verschwindet, fühlen wir uns leichter. Es tut eben gut, sich von Dingen, die uns belasten, zu befreien. Man braucht hierbei nicht rigoros einen Minimalismus-Ansatz verfolgen. Es reicht, mit kleinen Schritten zu beginnen und für sich das richtige Maß zu finden.

Zehn Tipps für ein reduzierteres, bewussteres und erfülltes Leben:

  1. Sich Platz schaffen für mehr Leichtigkeit: Es lohnt sich, erst einmal mit einer Schublade zu beginnen, dann kommt der Kleiderschrank, dann der Keller. Alles, was lang nicht getragen oder genutzt wurde, kommt in die Kiste und wird gespendet oder auf dem (Online-)Flohmarkt verkauft.
  2. Kaufentscheidungen abwägen: Kurz vor Ostern wird man wieder mit Konsumangeboten überrollt. Geschenkideen zu Ostern, Deko-Tipps, Rezepte für das opulente Festmahl. Mittlerweile gibt es viele Anlässe, an denen Anreize zum Kauf geschaffen werden: Halloween, Valentinstag oder Weltfrauentag. Denken wir einfach zweimal nach, bevor wir etwas anschaffen. Das schont den Geldbeutel und den Platz.
  3. Einmal pro Woche in den Biomarkt: Denn hier gibt es noch Pflegefamilien und MinimalismusObst ohne Plastikmüll und sonstigen Umverpackungen. Für Kinder ein super Lerneffekt, damit sie auch sehen, dass es anders geht. Wenn man sich den Müll gar nicht erst ins Haus holt, muss man ihn auch nicht entsorgen.
  4. Entschleunigen und genießen: Wenn wir regelmäßig gemeinsam kochen, Gemüse schnippeln und uns um den Familientisch versammeln, nehmen wir die Zeit bewusst war. Das entschleunigt unseren Alltag und füllt ihn mit sinnstiftenden Momenten.
  5. Gemeinsames Erleben statt Konsum von Dingen: Wie schön war doch gleich der gemeinsame Ausflug in den Wildpark, der sich über eine kleine Futterspende finanziert. Davon zehren wir und das ist so viel wichtiger als von unzähligen Besitztümern umgeben zu sein.
  6. Digitale Zeit beschränken: Kinder dürfen Computer spielen, allerdings nicht stundenlang. Eltern dürfen auch das Handy nutzen, allerdings muss es auch Zeiten geben, in denen es in der Tasche bleibt. Ein Geheimtipp: Das Handy häufiger auf „grau“ stellen. Forscher wollen festgestellt haben, dass die leuchtenden Farben der Apps besonders anziehend wirken und uns geradezu veranlassen, nach neuen Angeboten zu suchen. Ein Handy in Graustufen bietet viel weniger Anreiz. Abends ist medienfreie Zeit, die für Gespräche und zum Spielen genutzt wird.
  7. Kindern und Minimalismus? Das ist in der Tat schwierig. Aber man kann sie dafür sensibilisieren. Einmal im Jahr wird beispielsweise schon längst vergessenes Spielzeug gespendet. Wenn sich ein Kind für zwei Spielzeuge interessiert, soll es sich für eines entscheiden und vielleicht auch das Taschengeld investieren. Außerdem darf es ruhig mal auf einen bestimmten Anlass wie den Geburtstag warten.
  8. Regelmäßig aufräumen: und das nicht als Last empfinden, sondern eher als Chance, es sich wieder so richtig hübsch zu machen. Ganz bewusst, Dinge in die Hand zu nehmen und sich dafür oder dagegen zu entscheiden. Nur so, wie sich alle in der Familie damit wohlfühlen.
  9. Jedes Ding hat seinen Platz: Und wenn es noch nicht so ist, sollten wir genau jetzt damit beginnen und überlegen, wo etwas hingehört. Denn wenn etwas seinen festen Platz hat und wir nicht immer neu überlegen müssen, dann sparen wir zukünftig Zeit und haben wieder den Kopf frei für Dinge, die uns wichtig sind.
  10. Literatur zum Thema lesen: Es gibt wunderbare Bücher, die sich mit dem Thema „Aufräumen“ beschäftigen. Zum Beispiel: Minimalismus wohnen: Besser aufräumen, freier leben von Fräulein Ordnung. Sie betreibt auch einen Blog zum Thema und ist eine wahre Ordnungsexpertin: Fräulein Ordnung

Wollen Sie mehr zum Thema Pflegefamilien und Pflegeeltern sein erfahren, dann machen Sie einen Termin mit uns aus. Gerne informieren wir Sie…

Pflegeeltern sind Optimisten

Pflegeeltern sind Optimisten

Pflegeeltern sind Optimisten…

Was ist eigentlich ein Optimist? Einer der „Ja“ sagt zum Leben. Jemand der immer an das Gute und das Positive glaubt. Jemand der in der Lage ist auch negative Ereignisse positiv umzudeuten. Jemand der auch schwierige Situationen als zeitlich begrenzt, als zu kontrollieren und als in sich geschlossenes Phänomen erlebt. Wahrlich ein Optimist.

Mir bekannte Pflegeeltern würde ich als unerschöpfliche Optimisten bezeichnen. Sie sind immer gut drauf, immer ein freundliches und zugewandtes Wort auf den Lippen, meistens ein Lachen in ihren Gesichter, auch wenn sie gerade nicht im Fokus stehen, diese die liebevolle Ansprache ihres Pflegesohnes, auch wenn es gerade hoch hergeht, selbst dem größten Sturm wissen sie noch etwas Gutes abzugewinnen und eine vermeindliche Niederlage begreifen sie noch als Chance für Veränderung. Diese Pflegeeltern sind Optimisten!

Wie machen sie das bloß und was unterscheidet sie von anderen Menschen? Sind sie glücklicher und zufriedener mit ihrem Leben? Haben sie mehr Selbstwert als andere Paare und spüren sie mehr Selbstwirksamkeit als Menschen in ihrer Umgebung? Und wie sind die Auswirkungen auf sie und ihre Umgebung? Was ist der Schlüssel zu diesem unerschöpflichen Optimismus? Und wozu ist Optimismus gut? Was ist der Sinn von Optimismus?

Was sagt die Wissenschaft zum Optimismus?

Ein Buch von Martin E.P. Seligman, einem der Begründer der Positiven Psychologie trägt den Untertitel „Warum Optimisten länger leben?“. Viele Studien zeigen inzwischen, dass Optimisten tatsächlich im Vergleich zu Pessimisten um ca. 19 % länger leben, dass ihre körperliche Abwehrkraft Pflegeeltern sind Optimistenund auch ihre Resilienz deutlich ausgeprägter sind, als bei eher pessimistischen Menschen. Die einschlägigen Wissenschaftsmagazine wie „GEO“, „GEO Wissen“ oder „Geist und Gehirn“ haben in den letzten Jahren viele Veröffentlichungen gerade auch bezogen auf das Zusammenspiel zwischen Geist, Gehirn und Körper dazu publiziert. Auch wenn längst noch nicht alles in diesem Kontext erforscht ist zeichnet sich eine eindeutige Tendenz ab. Die Kraft der guten Gefühle ist nachweisbar.

Dabei muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass der Optimismus aktuell nicht die einzige Einflugschneise in das Thema ist. Die Positive Psychologie ist schon genannt. Dazu kommt die Glück- und Zufriedenheitsforschung und nicht zuletzt die Neurobiologie, die dazu beiträgt auch die Vorgänge im Gehirn mit den dazugehörigen biochemischen  Vorgängen zu erforschen. Nicht zu vergessen die Medizin, die daran interessiert ist, wie Gesundung durch von Optimismus geprägten innerpsychische Vorgänge positiv beeinflusst werden kann.

Was sind die Wirkfaktoren von Optimismus?

Nach Durchsicht verschiedener Veröffentlichungen zum Thema kristallisieren sich folgende Faktoren als besonders wirksam heraus:

  • Eigeninitiative
  • Selbstwirksamkeitserwartung
  • Zufriedenheit
  • Ressourcenorientierung
  • Beziehungen
  • Sinn

Bei den einzelnen Faktoren wird deutlich werden, dass sie eng miteinander zusammenhängen und die Übergänge zum Teil fließend sind. Auch vor diesem Hintergrund kann der Schluss gezogen werden, dass gerade in der Verbindung der einzelnen Faktoren eine große Kraft liegt. Zufriedenheit, ein positives Gefühl und Begeisterung sorgen für die Ausschüttung neuroplastischer Botenstoffe im Gehirn. Sie sind wie Nahrung für die Nervenzellen und die neuronalen Vernetzungen. Heute wissen wir, wenn wir Erfahrungen in diesem Zustand machen, dass diese sich besonders gut einprägen.

Doch was verbirgt sich konkret hinter den oben genannten Aspekten, auch mit dem Fokus auf den Titel dieses Magzinbeitrags „Pflegeeltern sind Optimisten“:

Eigeninitiative:

Unter Eigeninitiative ist nach Prof. M. Frese gemeint, das ich aus mir selbst heraus aktiv werden, das ich zukunftsbezogen und antizipierend handele (proaktiv), das ich mit Widerstand rechne und damit umgehe und das ich die Einstellung habe mit meinem Handeln auch Veränderungen zu bewirken. Hier wird deutlich, dass sich in der Eigeninitiative auch Aspekte von Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeitserwartung wieder finden.

Gerade für Pflegeeltern scheint die Haltung der Eigeninitiative hilfreich zu sein, geht es doch im Alltag darum Lösungen zu finden und in der Interaktion mit dem Pflegekind wahrscheinlichen Widerstand nicht auf mich als Pflegemutter oder Pflegevater  zu beziehen. Viele pädagogische Handlungen sind auf die Zukunft gerichtet und wirken in der Summe, ohne dass ich deren Wirkung im jeweiligen Augenblick erkennen kann. Gerade dann kommt es stark darauf an, dass sich eine optimistische Haltung zu bewahren…eben doch Pflegeeltern sind Optimisten.

„There are three types of people in the world: those who make things happen, those who watch things happen, and those who wonder what happened.” (Ash, 1995, p. 151)

Selbstwirksamkeitserwartung:

Hier meinen Wissenschaftler wie R. Schwarzer und M. Jerusalem die innere Überzeugung selbst etwas bewirken zu können. Typische Sätze für Menschen mit dieser Überzeugung sind: „Ich erreiche meine Ziel“, „Ich schaffe das“ oder „Ich löse das jetzt aus meinen eigenen Fähigkeiten heraus“. Aus dieser Haltung heraus entsteht Energie und das Gefühl der Unabhängigkeit. Die bewusste Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten ist bei Menschen mit einer hohen Selbstwirksam-keitserwartung besonders ausgeprägt.

Entscheiden sich Familien Pflegefamilien zu werden, haben sie oft unausgesprochen ein ausgeprägtes Selbstwirksamkeitsempfinden. Sie sind geleitet von der Idee, dass sie neben den eigenen Kindern Kraft, Energie und Liebe für weitere Kinder haben. Der Wunsch etwas zu teilen bzw. weiterzugeben ist ausgeprägt. Sie möchten lebenswerte Lebensräume für Kinder schaffen, die eben eher weniger Selbstwirksamkeitserleben haben, denen eben nicht so leicht über die Lippen kommt „Ich bekomme das hin“. Pflegeeltern vertrauen darauf, dass sich Wege finden lassen und wir als Fachberatungsdienst begleiten Pflegefamilien dabei, den Blick auf Wirksamkeit zu erhalten.

Zufriedenheit:

Die Psychologin A. Schütz von der TU Chemnitz fand heraus, dass es zwischen dem Erleben von Selbstwirksamkeit und Zufriedenheit einen unmittelbaren Zusammenhang gibt. Je selbstwirksamer ich mich erlebe, desto zufriedener bin ich mit mir und meinem Leben. Die Schere zwischen Selbst- und Idealbild ist gering. Wir sind dann zufrieden, Pflegeeltern sind Optimistenwenn wir unseren eigenen Weg gehen können, wenn wir zu den getroffenen Entscheidungen stehen können. Auch hier wird wieder der Bezug zur Selbstwirksamkeit deutlich. Zufriedenheit stellt sich auch dann ein, wenn ich mit meinen Werten im Einklang leben kann, wenn sie beruflich und privat kongruent sind, wie H. Jellouschek in einer Befragung von deutschen Managern herausfand.

Wir als Fachberatungdienst für Pflegefamilien erleben in der Zusammenarbeit mit unseren Familien genau die beschriebene Verbindung. Die Kraft für das Pflegefamiliesein, die Ausdauer auch schwierige Phasen mit den Pflegekinder zu überstehen, kommt genau aus der Quelle des Zusammenspiels, von Selbstwirksamkeit, Zufriedenheit und der gelebten Einklang mit den eigenen Werten als Familie. Diese Wirkkraft ist für viele Pflegekinder genau die Voraussetzung einen Ort von Konsitenz zu erleben, der die Tür für das eigene Selbstwirksamkeitserleben weit aufstoßen kann. Ein echtes Geschenk.

Ressourcenorientierung:

Wer die Fähigkeit besitzt, die eigenen Ressourcen in den Fokus seiner Aufmerksamkeit zu stellen verfügt über eine Quelle der Stärkenorientierung. Insoo Kim Berg und Steve de Shazer haben auf dem Hintergrund der Lösungs- und Ressourcenorientierung einen eigenständigen Therapieansatz entwickelt. Auch Seligman hat Ende der 90er Jahre in der Stärkenorientierung eine entscheidende Säule für die Positive Psychologie gesehen.

Vielen Pflegeeltern scheint dieser Aspekt in die „Wiege gelegt zu sein“. Der Fokus auf die eigenen Stärken und auch der Fokus auf die gelingenden Situationen in der Interaktion mit den Pflegeeltern sind von immenser Bedeutung. So lassen sich Entwicklungen initieeren, die zu Beginn von Pflegeverhältnissen vielleicht nicht zu erwarten gewesen wären.

Deshalb achten wir als Fachdienst auch im Bewerbungsprozess auf die Fähigkeit zur Stärkenorientierung. Ist das Glas halbvoll oder ist das Glas halbleer? Dazu gehört für uns auch der Aspekt der Offenheit sich als Pflegefamilie auf eigene Lern- und Entwicklungsprozesse einzulassen, um für sich selbst weitere Stärken und Fähigkeiten zu etablieren. Neben der Fachberatung stehen unseren Pflegefamilien noch weitere Unterstützungssysteme wie Supervision, Fortbildung und Regionalgruppe zur Verfügung.

Beziehungen:

Der Wissenschaftsjournalist W. Bartens schreibt: „Wer sich jeden Tag missmutig ein paar Löffel kalt gepresstes Olivenöl einflößt, der wird davon kein gesundheitlichen Nutzen haben“. Sinnvoller sei da ein Schweinebraten mit guten Freunden. Auch G. Hüther geht davon aus, dass ein gutes soziales Netzwerk erheblich zur Stabilisierung in schwierigen Zeiten beiträgt.

Pflegeltern sind Optimisten


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Dabei wirken vor allen die direkten Begegnungen und gemeinsame Erlebnisse. Sie sind dem Optimismus förderlich und tragen durch die Zugehörigkeitserfahrungen deutlich zu einem stabilen Selbstwert bei.

Wir erleben Pflegefamilien mit einem ausgeprägten Netzwerk, als stabile Systeme, denen es auch leichter gelingt schwierige Phasen zu überstehen. Dabei ist aus unserer Erfahrung für die Familien besonders wichtig, dass das direkte familiäre Beziehungsnetzwerk auch hinter der Idee steht,  Pflegefamilie zu werden. Eng mit dem Beziehungsthema ist der Aspekt des Zugehörigkeitsgefühls verknüpft. Sichere Beziehungen begünstigen das Erleben von Zugehörigkeit. Gerade auch für Pflegekinder trägt die Erfüllung diese zentralen Bedürfnisses zur Entwicklungsförderung bei.

Und zu welchem Schluss kommen Sie für sich?

Und? Zu welchem Schluss kommen Sie ganz für sich? Sind Sie ein optimistischer Mensch, überwiegt der Optimismus in Ihrer Familie? Finden Sie etwas der Wirkaspekte von Optimismus bei sich und ihren engsten Angehörigen wieder? Wie stark sind die einzelnen Faktoren ausgeprägt und welche gilt es vielleicht noch zu entwickeln? Wie dem auch sei…Pflegeeltern sind Optimisten.

Wir freuen uns über Rückmeldungen und Kommentare und wir freuen uns, wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen, um sich über ein Leben als Pflegefamilie zu informieren.

Pflegekind Leo – eine Buchvorstellung

Pflegekind Leo – eine Buchvorstellung

Ich, Pflegekind Leo…

Eine Kinderbuchbesprechung.

„Die Autorin und Diplom-Sozialpädagogin Marion Klara Mazzaglia ist mit ganzem Herzen Pflegemutter. Sie beschreibt einfühlsam in einer für Kinder verständlichen Weise, weshalb Leo zwei „Mamas“ und zwei „Papas“ hat. Die Bedeutung „Pflegeeltern, Pflegefamilie und Baucheltern“ wird in sehr einfachen Worten erklärt. Durch die liebevoll gestalteten Farbillustrationen von Kathrin Frank werden die Kinder bildlich besonders angesprochen.

In dem Vorwort erzählt die Autorin über ihre Erfahrungswerte aus der Praxis, die sie aus eigenem Erleben und in Gesprächen mit Pflegefamilien gesammelt hat.“ Zitat aus der Buchankündigung des Best-off-Verlages

Die Autorin Marion Klara Mazzaglia und die Illustratorin Kathrin Frank widmen sich mit ihrem Buch einen zentralen Thema von Pflegekindern, deren leiblichen Eltern und den Pflegeeltern. Es geht zum einen um die „Doppelte Elternschaft“ und zum anderen um die Besuchkontakte von den leiblichen Eltern. Ziel des Kinderbuches ist es, möglichst gut auch gerade jüngeren Pflegekindern diese beiden Aspekte näher zu bringen und Erklärungen zu finden.

Die Sprache ist einfach und klar gewählt. Die Illustrationen laden beim Vorlesen zum Entdecken ein. So ist es Pflegemüttern und Pflegevätern möglich einen konkreten Bezug zu ihrem Pflegekind herzustellen und das Thema je nach Alter zu vertiefen.

Auch für leibliche Eltern deren Kinder in Pflegefamilien leben, wäre es ein geeignetes Vorlesebuch. Dabei berücksichtigt die Autorin auch die Gefühlslage der Pflegekinder bzw. deutet auf sensible Weise an, welche Gefühle ausgelöst werden können.

Pflegekind

Zu besseren Unterscheidung der „Doppelten Elternschaft“ für das Pflegekind Leo wählt die Autorin neben den Bezeichnungen Pflegemama und Pflegepapa, den Begriff der Bauchmama. „Mama Ina ist die Bauchmama von Leo. Bevor er zur Welt kam, har er in Mama Inas Bauch gewohnt.“ schreibt Marion Klara Mazzaglia super verständlich und mit genug Raum und Möglichkeiten das Gespräch darüber noch zu vertiefen. Besonders gut gefällt mir als Leser auch, dass Mama Ina die gleichen tollen roten Haare hat wie das Pflegekind Leo. Überhaupt sind die Illustrationen gelungen und spiegeln in den Gesichtern die Gefühle der Beteiligten wieder. Für mich vermittelt dieses schöne Kinderbuch ganz nebenbei, wie wertvoll es ist den Pflegekindern den Kontakt zu ihren leiblichen Eltern zu ermöglichen. Und das es sich lohnt etwas in den guten Kontakt mit den leiblichen Eltern zu investieren.

Dabei können wir als Fachdienst vom St. Elisabeth-Verein die Pflegeeltern bei den Besuchkontakten unterstützen. Außerdem bieten wir in unserern Räumlichkeiten kindgerechte Möglichkeiten für Besuchskontakte an.

Wollen Sie auch Pflegeeltern werden? Hier können Sie Kontakt mit uns aufnehmen.

Das Kinderbuch „Ich, Pflegekind Leo“ können Sie hier bestellen.

Pflegekinder in der Pubertät

Pflegekinder in der Pubertät

Gedanken über die Zeit zwischen Anschmiegen und Opposition in Pflegefamilien

Pflegekinder in der Pubertät..

Eine kleine Anekdote eines pubertierenden Mädchens:

„Als ich klein war, hab ich mich über mein neues Fahrrad gefreut. Meine Eltern rannten neben mir her. Und dann bin ich losgefahren. Ich wußte, dass am Rand Stützräder waren und mich hielten. Jetzt bin ich 15. Ich brauche meine Eltern nicht mehr so nah bei mir. Aber mir tun die Jugendlichen leid, deren Eltern überhaupt nicht in der Nähe sind. Ich möchte die Stützräder nicht ganz und gar abhaben, ich möchte sie nur nicht andauernd spüren müssen.“

Die Pubertät ist eine Zeit des Übergangs, in welcher der Jugendliche nicht mehr die Rolle des Kindes und noch nicht die Rolle des Erwachsenen innehat. Sie ist für alle Beteiligen, sowohl für die Jugendlichen, als auch für die Mütter und Väter eine anstrengende Zeit. Anstrengend deshalb, weil bisher Vertrautes in der Beziehung zwischen Eltern und den Heranwachsenden nicht mehr klappt. Diese Entwicklung bringt neue Verhaltensweisen der Jugendlichen hervor und verlangt neue Formen des Umgangs miteinander. Sowohl die Jugendlichen, als auch deren Eltern sind verunsichert.

Vielfältige Entwicklungsaufgaben…

In dieser Zeit müssen von den Jugendlichen vielfältige Entwicklungsaufgaben wahrgenommen werden. Entwicklungsaufgaben entstehen aus drei unterschiedlichen Bedingungen heraus: Aufgrund der körperlichen Reife eines Menschen, der Erwartungen der Gesellschaft, sowie auf Grund von persönlichen Zielsetzungen und Wertvorstellungen einer Person.

Entwicklungsaufgaben im Jugendalter sind zum einen biologisch bedingt, d. h. durch das wirksam erden bestimmter Hormone entstehen körperliche Veränderungen, wird die Sexualität aktiviert und die Fähigkeit zur Fortpflanzung entdeckt. Zum anderen gibt es kulturell bzw. gesellschaftlich bedingte Entwicklungsaufgaben. Im Einzelnen werden benannt:

  • Akzeptanz des eigenen Körpers und der eigenen körperlichen Erscheinung (Annahme der körperlichen Veränderung)
  • Aneignung der Geschlechterolle, d.h. der Verhaltensmuster, die in unserer Gesellschaft von Frauen und Männern erwartet werden.
  • Aufbau von Freundschaften und verantwortungsbewußteren Beziehungen zu Gleichaltrigen (=peer-group)
  • Emotionale Ablösung von den Eltern und von anderen Erwachsenen. Ziel ist von beiden Elternteilen emotional unabhängiger zu werden.
  • Aufnahme von intimeren Partnerbeziehungen (zum Freund und/oder zur Freundin), d. h. Eingehen von neuen Bindungen außerhalb des Elternhauses.

Damit verbunden ist die Entwicklung von Vorstellungen über Ehe, Familie und intimes Zusammenleben, d.h. die Vorbereitung auf die Gründung einer Ehe und Familie.

  • Aufbau von Wissen darüber, was man werden will und was man dafür können und lernen muß.
  • Aufbau eines realistischen Selbstbildes, d.h. wissen wer man ist und was man möchte.
  • Entwicklung einer eigenen Weltanschauung, d.h. Aufbau von Wertorientierungen die als Richtschnur für das eigene Verhalten akzeptiert werden.
  • Aufbau von auf die Zukunft gerichteten Erwartungen und Perspektiven, d.h. Bildung von Zielen, von denen man glaubt sie erreichen zu können.

Der Weg zur eigenen Identität…

Es wird deutlich, dass die zentrale Aufgabe die Suche nach der eigenen Identität ist. Der Psychoanalytiker Eric Ericson hat dies besonders in den Mittelpunkt seiner Forschungen gestellt. Das Jugendalter ist die Zeitspanne, in der vieles ausprobiert wird, um zu einer eigenen Identität oder einem eigenen Selbstkonzept zu finden. Ericsson sieht in diesem Ausprobieren den entscheidendsten und wichtigsten Schritt hin zu einer eigenen und eigenständigen Identität. Wenn Sie sich noch einmal die beschriebenen Entwicklungsaufgaben vergegenwärtigen, steht die Suche nach der Identität, die Selbstfindung, im Mittelpunkt der Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen. In der Psychologie wird der Begriff Identität nicht einheitlich verwendet. Übereinstimmend steht jedoch fest, dass Identität das ist, was jemand „wirklich“ ist und durch folgende Komponenten näher gekennzeichnet ist:

  • Die Person für die man sich selbst hält.
  • Die Person, die man gerne sein und werden möchte und wie sie zu werden glaubt.
  • Die Person, für die einen andere halten und wie diese einen selbst haben möchten.

D.h. Identität meint die Beschaffenheit des Selbst als eine einmalige und unverwechselbare Person durch die soziale Umgebung und durch das Individuum selbst.

Wie waren die eigenen Erfahrungen in der Pubertät

Pubertät stellt eine Herausforderung für die ganze Familie dar. Ebenso verschieden wie die Jugendlichen selbst, sind ihre Mütter und Väter. Sie als Eltern fühlen sich möglicherweise an die eigene Pubertät erinnert. Heute jedoch sind Sie in der Rolle der Eltern. Im Erleben mit den eigenen Kindern oder mit Pflegekindern können schöne und schmerzhafte Erfahrungen aus der eigenen Jugend wach werden. Sie können auch in ihrem eigenen Verhalten überrascht oder auch betroffen das Verhalten Ihrer Eltern wiedererkennen. Wer von uns kennt nicht die Situation, wie er in Auseinandersetzungen mit seinen Kindern ähnliche Worte oder einen ähnlichen Tonfall wie der eigene Vater benutzt. Dabei können unsere Vorerfahrungen einen unbefangenen Umgang mit unseren pubertierenden Kindern erschweren, oder auch helfen, sie zu verstehen.

Für eine Familie als flexibles Beziehungsnetz bedeutet das Heranwachsen der Kinder stets Veränderung. Dies wird in folgendem Schaubild zur Krisentheorie und zur Veränderung in Familien deutlich. Die Phase der Pubertät stellt für Familien immer auch eine mögliche Krise dar. Sie wird in der Theorie als sogenannte Entwicklungskrise beschrieben, d.h. eine Krise, die vorhersehbar ist und mit der man sich im Vorfeld beschäftigen kann.

Wie können Sie Ihr Kind bzw. Pflegekind unterstützen?

Es stellt sich also die Frage: „Wie können Sie Pflegekinder in der Pubertät unterstützten“. Wie gut die Balance zwischen dem Wunsch nach Freiheit und der Übernahme von Verantwortung gelingt, hängt von der Persönlichkeit der Jugendlichen und den früheren, wie auch den gegenwärtigen Beziehungen zwischen den Eltern und den Jugendlichen ab. Eine gute Unterstützung ist es, wenn die Eltern Selbständigkeit bieten, so dass das Kind eine Chance hat, sich damit zu identifizieren. Hilfreich ist ein Vorbild, das in einem ausgewogenen Maße Orientierung gibt und zugleich altersgerechte Gelegenheiten zu unabhängigen und eigenverantwortlichen Handlungserprobungen gewährt. Wie Sie alle wissen, ist dies leichter gesagt als getan. Dies gilt besonders auch für Pflegekinder, zu denen man in der Regel ein anderes Verantwortungsbewußtsein als gegenüber den eigenen Kindern verspürt.

Sowohl die Erfahrung, als auch die Experten lehren, dass Eltern, die einerseits ihre Führungsrolle übernehmen und andererseits ihre Verhaltensregeln und Erwartungen häufig erläutern, die Entwicklung Ihrer Kinder zu verantwortungsbewußten und selbständigen Menschen begünstigen. Sie zeigen sich selbst als interessierte, sinnvoll lenkende und mit dem Kind kommunizierende Eltern und geben ihm vermehrt Gelegenheit zu selbständigem Handeln. Gleichzeitig bestärken sie durch die von ihnen erwiesene Zuneigung und Achtung ihrer Kinder darin, sich mit ihnen zu identifizieren. Durch ihr Verhalten bieten sie sich als Modell für vernünftige Selbständigkeit an. Dem gegenüber sind nachlässig oder zu autoritäre Eltern kein Vorbild für verantwortungsbewußte, kooperative Selbständigkeit. Diese Erziehungsstile werden in extremen Ausprägungen von Kindern als Ablehnung erlebt und behindern damit eine positive Identifikation mit den Eltern.

Die Familie als Zwischenglied…

In der Zeit der Pubertät kommt der Familie in ihrer Funktion als Zwischenglied für den Jugendlichen und der Gesellschaft eine besondere Bedeutung zu. Die wechselnden Bedürfnisse der Gesellschaft müssen von den Eltern übersetzt und vermittelt werden. Dabei ist es wichtig, als Familie flexibel und kompromißfähig zu sein, um die wachsenden Bedürfnisse der Kinder nach Freiraum zu berücksichtigen. Nur mit dieser Durchlässigkeit der Familie – Umwelt – Grenze, wird dem Jugendlichen erlaubt, einen Vergleich zwischen der eigenen und anderen Familien zu ziehen.

Pflegekinder in der Pubertät…

Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass es neben den spezifischen Problemen ähnliche Auseinandersetzungen wie bei den eigenen Kindern geben wird. Diese Auseinandersetzungen gehen um Kleidung, Rauchen, evtl. Alkoholkonsum, Schminken, laute Musik, Mithilfe im Haushalt und über den Freundeskreis oder vieles andere mehr.

Bei gelungener Identifizierung in der Pflegefamilie im Kindesalter, hat das Kind die Werte und Normen der Eltern als seine eigenen übernommen. Vor dem Hintergrund des psychoanalytischen Gedankenbildes bildet sich ein Gewissen und das Kind hat gelernt, sich an den elterlichen Idealen zu orientieren. Wie oben beschrieben, ist es in der Pubertät notwendig, dass die Jugendlichen ihre Identifikation mit den Eltern lockern und aufgeben können. Die Lockerung bedeutet aber auch, dass damit die Normen, Werte und Ideale, die sich am Vorbild der Eltern gebildet haben, in Frage gestellt werden. Dies ist für die Jugendlichen nicht nur eine Befreiung, sondern auch ein Verlust an Orientierung. Pointiert gesagt drückt sich dies in dem Satz aus:

„Die Pubertierenden beherrschen nichts und sie wollen doch alles beherrschen“.

Indem die Jugendlichen sich von den Eltern abzuwenden beginnen und die Identifikation mit Ihnen fragwürdig wird, werden zwangsläufig auch die elterlichen Ideale unsicher bzw. sie werden sogar bekämpft. Das hat eine erhebliche Selbstunsicherheit zur Folge, die sich hinter herablassender Verachtung und Überheblichkeit Autoritäten gegenüber verbirgt. Wenn man die Eltern als inneres Vorbild und Ideal verliert, verliert man auch einen Teil von sich selbst und aufgrund dieser Verunsicherung wird für die Jugendlichen nichts wichtiger als neue Ideale außerhalb der Familie zu finden, denen sie sich häufig ebenso blindlings unterwerfen, wie zuvor der elterlichen Autorität.

Pflegekinder und Pubertät

Pflegekinder in der Pubertät

Diese Entwicklung hat natürlich auch Auswirkungen auf die Eltern. Beziehungen zwischen Kindern und Eltern verändern sich grundlegend. Wenn sich der Sohn nicht mehr an seinem Vater orientiert und dessen Wünsche als etwas ansieht, was ihn nicht mehr betrifft, sehen viele Eltern die Beziehung zu ihren Kindern als grundlegend gefährdet.

Durch solche zwangsläufig eintretenden Entfremdungen werden Pflegeeltern noch mehr beunruhigt als leibliche Eltern, weil sie sich oft nicht auf sichere Beziehungen in der frühen Kindheit stützen können. So werden die Abgrenzungsversuche bei den Jugendlichen schnell so interpretiert, dass das Kind nie ihr Kind geworden sei. Alle Schwierigkeiten, die mit der Ablösung verbunden sind, verstehen sie leicht als Ergebnis von Erbanlagen und frühkindlichen Erziehung, auf die sie keinen Einfluß hatten. Damit stellen die Eltern die Beziehung zum Pflegekind von sich aus in Frage und reagieren auf Schwierigkeiten unter Umständen mit Ausstoßungstendenzen. Dadurch, dass sie den pubertären Ablösungsprozeß als grundlegende Infragestellung der Beziehung erleben, sind sie tief betroffen über das Ergebnis ihrer Fürsorge.

Die Ablösungsprozesse zielführend gestalten

Wenn Pflegeeltern die Ablösungskrise als eine Krise ihrer bisherigen und gegenwärtigen Beziehung zum Kind wahrnehmen, werden sie selbst in ihrer Elternrolle stark verunsichert. Dabei geht es in diesem Entwicklungsabschnitt nur darum, dass sowohl die Eltern, als auch das Kind ihre Beziehung zueinander neu festlegen müssen. Aber das merken die Eltern oft nicht, sie merken nur, dass ihr Einfluß auf das Kind geringer wird, dass sie das Kind nicht mehr steuern können, wie sie es früher tun konnten. Sie setzten auf Grund ihrer Auffassung von den eigenen elterlichen Aufgaben, den Selbstbestimmungstendenzen des Kindes Widerstand entgegen, so dass es zwischen Eltern und Kind zu Machtkämpfen kommt. Dies erschwert für beide Seiten den Ablösungsprozeß.

Hinzu kommt, dass in diesen Situationen womöglich das Kind seine leiblichen Eltern idealisiert und sie als nicht einschränkend phantasiert. Dadurch wird die Situation in den Pflegefamilien in der Regel verschärft, weil die leiblichen Eltern in einer bisher ungewohnten Weise vom Pflegekind in das Pflegeelternsystem hineingezogen werden. Aber auch die leiblichen Eltern drängen sich dann oft mehr auf, weil sie bisher keine Gelegenheit hatten, sich mit ihrem schlechten Gewissen, bezogen auf die Herausnahme auseinanderzusetzen. Sie wollen dann wieder zur Verfügung stehen und etwas gutmachen. In der Folge kommt es zu Auseinandersetzungen und Konkurrenzsituationen zwischen Pflegeeltern und leiblichen Eltern.

Ablösungsbemühungen in der Eltern – Kind Beziehung sind immer auch von aggressiven Gefühlen bestimmt. Trennung und Trauer gehen notwendigerweise mit Aggressionen einher. Die Aggression dient im psychologischen Sinne der Distanzierung. Gelingt es Pflegeeltern die menschliche Aggression nicht als vermeintliche Bosheit mißzuverstehen, sondern als wertvolles, stammesgeschichtliches Erbe anzusehen, welches zum Ziel die Distanzierung und dadurch die Fortentwicklung hat, können Empfindungen persönlicher Kränkung und Wertminderung in dieser Entwicklungsphase eher vermieden werden.

Welche Wege können nun aus dieser Krise und den möglichen Schwierigkeiten führen?

Die Ablösungskrise kann nur überwunden werden, wenn nicht nur das Kind, sondern auch Sie als Pflegeeltern die Beziehung im Sinne einer zunehmenden Distanz verändern können. Wenn Sie die Beziehung zu den Jugendlichen nicht verlieren wollen, geht es darum die Ambivalenz, das Hin- und Herschwanken zwischen Abstoßung und Anklammerung zu ertragen. Hilfreich kann es sein, die Jugendlichen bei deren Ablösungsbemühungen zu unterstützen. Pflegekinder in der PubertätDabei ist es wichtig, dass Sie sich klarmachen, dass Sie trotz der täglichen Konflikte nicht aufgeben, dem Jugendlichen weiter orientierend zur Verfügung stehen. Ihr Jugendlicher wird bestimmt keine geradlinige Entwicklung nehmen. Immer wieder versuchen sie sich der Leistung, die sie erbringen sollen zu entziehen. Sie halten ihr Pensum nicht durch und müssen öfter als andere ihre Lehrstelle wechseln. In der Familie fällt es den Kindern und Jugendlichen schwer, ihre altersgemäßen Pflichten zu übernehmen. Sie halten sich nicht an Absprachen und kommen immer wieder zu spät nach Hause. Sie leben nach dem Prinzip „Bedürfnisbefriedigung jetzt“. Sie können ihr Geld nicht einteilen. Manche sind suchtgefährdet. Andere geraten mit dem Gesetz in Konflikt. Andere Pflegekinder laufen immer wieder weg. Dennoch benötigen diese jungen Menschen Erwachsene, die trotzdem zu ihnen halten, sie mitsamt ihrer Problematik annehmen. Wenn ein Erwachsener zu einem Jugendlichen der gestohlen hat, sagen kann – „Was du getan hast, finde ich nicht gut, aber ich achte dich trotzdem“ – dann hat er eine Chance, diesen Teufelskreis zu unterbrechen.

Pflegekinder in der Pubertät – einige Anregungen zum Umgang

Mir ist wichtig, dass Sie die folgenden Ausführungen nicht einfach als Pflichtprogramm hinnehmen, sondern sie als Wegweiser betrachten können, der Ihnen Anregungen geben soll, dass eine oder andere auszuprobieren. Wichtig ist, dass Sie sich jedoch in Ihrer Haut wohl fühlen, denn Ihre eigene Lebenskraft und Ihre Lebenslust wirken unmittelbar positiv auf Ihre Kinder.

  • Für die Jugendlichen ist es sehr unterstützend, wenn Sie einfach da sind, ohne sich ihnen aufzudrängen. Es gilt, sagen Sie nichts, hören Sie einfach Ihrem Kind zu. Haben Sie ein offenes Ohr für die Gedanken und Gefühle Ihrer Pflegekinder.
  • Geduld im Ertragen der widersprüchlichen Gefühle von Zuneigung und Abneigung bei den Jugendlichen und bei Ihnen selbst. Einfühlung und vielleicht auch die Erinnerung an eigene Krisen können dabei helfen. Erlauben Sie sich und Ihrem Kind Schmerzen zu leiden, Konsequenzen zu halten und Rückschläge zu ertragen.
  • Sinnvoll ist es auch, die eigene Lebenserfahrung nicht als die einzig Mögliche hinzustellen, nicht als den einzig richtigen, perfekten Lebensstil anzubieten, sondern auch kritisierbar zu sein.
  • Sie sollten den Jugendlichen ermöglichen, dass sie und Ihre Geschichte kennenlernen, auch mit ihren Schattenseiten.
  • Dies verlangt von den Eltern Aufrichtigkeit sich selbst gegenüber.
  • Sie sollten kein schlechtes Gewissen haben, weil Sie auf der Einhaltung der von Ihnen aufgestellten Regeln und Grenzen bestehen. Wichtig ist jedoch, auch innerlich offen für Verhandlungen zu sein, um nicht in einem einzigen Machtkampf zu enden.Pflegekinder in der Pubertät
  • Eltern sein heißt sich in Beziehung setzen. Wenn es nur darum geht, Kontrolle zu halten, dann werden Sie sicherlich nicht den erwarteten Erfolg erzielen.
  • Stellen Sie gemeinsam Regeln auf. Wichtig dabei ist, sie klar und knapp zu formulieren und deutlich wird, dass Sie das letzte Wort haben. Die Sache mit den Grenzen ist bei Jugendlichen nicht anders als bei Kindern anderer Altersgruppen. Jugendliche sind bloß schlauer. Sie können einen eher einschüchtern oder überreden.
  • Halten Sie zusammen. Lassen Sie nicht zu, dass Sie die Jugendlichen gegeneinander ausspielen.
  • Zügeln Sie Ihren Zorn.
  • Bleiben Sie da. Selbst wenn Sie das Gefühl haben, schreiend aus dem Zimmer rennen zu wollen.
  • Sie können ruhig verletzlich sein. Jugendliche sind verletzlich und Eltern sind auch verletzlich. Wenn Sie Ihre eigene Verletzlichkeit zum Ausdruck bringen, kann das für Jugendliche der Anstoß sein, über ihre eigene Verletzlichkeit zu sprechen. Zu einer guten Beziehung gehört auch, dass man sich auch in die Karten gucken läßt.
  • Lassen Sie sie gehen, aber verlassen Sie sie nicht. Sie haben sie verwurzelt, jetzt müssen Sie sie beflügeln. Ablösung und Bindung sind eng miteinander verknüpft. In welcher Phase der Ablösung sich Ihr Kind auch befinden mag, es braucht Ihre Hilfe. Denken Sie an das Mädchen, das die Stützräder nicht ganz und gar abhaben will, aber sie auch nicht andauernd spüren wollte und wenn die Stützräder eben noch spürbar sind, protestiert es.
  • Lassen Sie sich Zeit. Jugendliche verlangen nicht, dass Sie für sie irgendetwas Besonderes oder etwas Erfüllendes organisieren, sie wollen Sie und Ihre Zeit.
  • Mahlzeiten sind Chancen für Gespräche.
  • Erziehung findet oft ganz nebenbei statt.
  • Nisten Sie sich im Hinterkopf Ihres Kindes als kleine Stimme des Gewissens ein.
  • Entspannen Sie sich.

Ich hoffe, es wurde deutlich, wie komplex das Thema „Pubertät“ und „Pubertät in Pflegefamilien“ ist. Vielleicht haben Sie dennoch einen Eindruck bekommen, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, sich dieser Ablösungskrise zu stellen und sie erfolgreich zu bewältigen. Ich bin sicher, die Prognose ist gut, auch wenn das Engagement von Ihnen als Pflegeeltern vielleicht erst Früchte trägt, wenn der junge Mensch 30 Jahre alt ist. Lassen Sie sich nicht entmutigen, sondern sagen Sie zu Ihren Kindern und Jugendlichen, „Wenn nicht jetzt, irgendwann wirst Du einen guten Weg für Dich gehen“.

Enden möchte ich mit dem Zitat von Aischylos:

„In Zeiten der Dunkelheit ist es Zeit zu lieben, kann ein Akt der Liebe die Balance herstellen.“

Unsere Fachberatungen begleiten unsere Pflegefamilien in dieser abenteuerlichen Zeit und stehen mit Rat und Tat zur Seite. Wir organisieren Fortbildungen zum Thema „Pubertät in Pflegefamilien“ und wir stellen Supervision zur Verfügung. Unsere Pflegefamilien werden intensiv unterstützt.

Möchten auch Sie Pflegeeltern werden freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme.